Der Verlauf der motorischen Innervation des Deltoideus-Muskels im deltopektoralen Intervall: Ausnahme oder Regel mit klinischer Relevanz für die Schulterchirurgie?
Patzer T, Marikar J, Krauspe R, Filler TJ
Fragestellung: Der M. deltoideus ist für die aktive Beweglichkeit des Schultergelenks vor allem im Rahmen einer inversen Schultertotalendoprothese essentiell. Er besteht aus der Pars spinalis, acromialis und clavicularis und gilt als Ausnahmemuskel, da er fast alle Bewegungen des Schultergelenkes außer der Kaudalisierung unterstützt oder wesentlich für sie verantwortlich ist. Dabei ändern die Muskelfasern abhängig von der Gelenkstellung teilweise im Laufe der Bewegung die Funktion. Dies wird laut Lehrbuch alles über den N. axillaris koordiniert. Auf Grund seiner Bedeutung gibt es zahlreiche Untersuchungen zur Variabilität des N. axillaris in Bezug auf den M. deltoideus. In einem Fall wurde eine akzessorische Innervation der Pars clavicularis durch Fasern aus dem N. pectoralis lateralis nachgewiesen, welche direkt entlang der V cephalica verlief und von dort in den Deltoideus-Muskel einstrahlte. Die V. cephalica wird im Rahmen des deltopektoralen Standard-Zugangs zum Schultergelenk dargestellt und nicht selten in diesem Muskelintervall traktiert oder ligiert, wodurch der dort verlaufende Nerv geschädigt werden könnte.
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Einschätzung der Häufigkeit der über die bekannte Innervation hinausgehenden motorischen Versorgung des Deltoideus-Muskels. Die Hypothese war, dass die motorische Versorgung der Pars clavicularis durch einen Ast der N. pectoralis lateralis entlang der V. cephalica häufiger ist als angenommen.
Methodik: Es wurde an 13 Körperspenden an beiden Schultern die ventrale Innervation des M. deltoideus präpariert.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Den Untersuchungen nach handelt es sich bei der akzessorischen M. deltoideus-Innervation aus dem N. pectoralis lateralis um keine Seltenheit. Der deltopektorale Zugang zur Schulter kann typischerweise mit einer Schädigung der Innervation des vorderen Deltoideus-Anteils einhergehen, wenn der Zugang lateral und nicht medial der V. cephalica etabliert wird, da damit der Nerv geschädigt werden kann. Dies macht die Frage nach alternativen Zugängen relevant. Umgekehrt kann eine Schwächung des N. axillaris zu einer Imbalance zwischen vorderen und hinteren Deltoideus-Anteilen führen. Ein Ausfall des N. pectoralis lateralis schwächt auf der anderen Seite regelhaft auch den vorderen Deltoideus-Anteil. Mit der Verteilung von zwei Nerven in dem Muskel stellt sich nun die Frage einer überlappenden oder aneinandergrenzenden Innervation.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI35-1217
doi: 10.3205/14dkou219, urn:nbn:de:0183-14dkou2199
Published: October 13, 2014
© 2014 Patzer et al.
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