Proximale Humerusfrakturen: Ist die Operation der konservativen Behandlung im Alter in jedem Falle vorzuziehen?

Apr 9, 2018

Proximale Humerusfrakturen: Ist die Operation der konservativen Behandlung im Alter in jedem Falle vorzuziehen?

Wiebking U, Meller R, Krettek C

Fragestellung: Bei der proximalen Humerusfraktur handelt es sich neben der Schenkelhalsfraktur und der Fraktur des Handgelenks um eine der häufigsten Frakturen bei Patienten älter als 65 Jahren [Einsiedel et al 2006]. Die Grenze für oder gegen Entscheidung zur Operation gab in den letzten Jahren immer wieder Anlass zur Diskussion. Studien haben gezeigt, dass gerade im höheren Alter die konservative Therapie bei undislozierten Frakturen gute Ergebnisse erzielt. Neuere Ergebnisse zeigten, dass dieses ebenfalls für komplexere Frakturen wie 3-und 4-Teile Frakturen zu gelten scheint. Teilweise sind die konservativen Ergebnisse den operativen gar überlegen [Krettek et al 2011]. Es wirft sich die Frage auf, ob die Operation für die proximale Humerusfraktur als eine typische Frakturform des älteren Menschen jederzeit gerechtfertigt ist [Court-Brown et al 2004].

Unsere Arbeitsgruppe entwickelte daher einen klinikinternen Algorithmus zur Therapiewahl, orientiert am Maß der Dislokation im Röntgenbild, dem Alter, dem Vorliegen von Komorbiditäten und dem Aktivitätsgrad vor dem Unfall. Eine Analyse unseres Patientengutes unter diesen Gesichtspunkten wird hier dargestellt.

Methodik: Prospektive Verlaufsbeobachtung konservativ und operativ versorgter Frakturen behandelt nach dem o.g. Algorithmus und Analyse der Ergebnisse anhand des Constant-Scores (CS). Analysiert wurden Daten von 136 Patienten mit proximalen Humerusfrakturen. Die Daten wurden prospektiv mit einem Follow-up nach 6 Wochen, 3 Monaten und 6 Monaten erfasst (FU 100%).

Ergebnisse und Schlussfolgerung:

  • Altersdurchschnitt 70 Jahre (13-95). Geschlechtsverteilung w/m 70%/30%. 78% konservative zu 22% operative Therapie.
  • 2-Teile-Frakturen 52%, 3-Teile-Frakturen 39%, 4-Teile-Frakturen 8%.
  • 3 Wechsel von konservativ auf operativ, 4 erneute Operationen aufgrund von Plattenimpingement. 1 Infekt. 1 Repositionsverlust mit Schraubenperforation. Constantscore CS gesamt konservativ vs. operativ nach 6 M: 69 vs. 62. Constant-Score in der Gruppe der >65 jährigen konservativ vs. operativ 68 vs. 60.
  • Bei 4-Part Fx ergab sich für die <65 jährigen operierten gegenüber den >65 jährigen ein CS von 77 vs 47.
  • Eine Matched-pair-Analyse ergab einen geringen Unterschied von im Mittel 5,5 Punkten Therapieeffekt operativ vs. konservativ.

Die Behandlung der subkapitalen Humerusfraktur erfordert eine alters- und patientenadaptierte Therapieentscheidung. Kurze, initiale Immobilisierungsphasen sollten von einer raschen Mobilisierungsphase abgelöst werden. Dislozierte 2- und 3-Frakturen profitieren nur bedingt von operativen Verfahren. Kurze initiale Immobilisierungsphasen sollten von einer raschen Mobilierungsphase abgelöst werden.

Die proximale Humerusfraktur stellt eine Fraktur dar, bei der die Therapiewahl sorgfältig getroffen werden muss. Die patientenorientierte Ausrichtung der Therapie mit Beachtung des Alters, initialem Ausmaß der Translation und subjektiven Scores haben einen Einfluss auf das Outcome.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI53-695

doi: 10.3205/14dkou378 urn:nbn:de:0183-14dkou3789

Published: October 13, 2014
© 2014 Wiebking et al.
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