Simulation degenerativer und pro-inflammatorischer Bedingungen zur Testung der Zelltherapie im Bandscheiben-Organkultursystem
Neidlinger-Wilke C, Teixeira GPQ, Boldt A, Mollenhauer J, Wilke HJ, Barbosa MA, Ignatius A, Goncalves R
Fragestellung: Der Erfolg einer zelltherapeutischen Behandlung der Bandscheiben-degeneration erfordert die Überlebensfähigkeit und Aktivität injizierter Zellen in einer Umgebung, die durch geringe Nährstoffversorgung, niedrige Osmolarität und inflammatorische Bedingungen geprägt ist. Im bovinen Organkultursystem haben wir degenerative und inflammatorische Bedingungen simuliert und die Eignung dieses Ansatzes zur Testung des Schicksals injizierter Zellen unter diesen Bedingungen überprüft.
Methodik: Organkulturen aus bovinen Bandscheiben (je 5-6 Stück pro Präparat) wurden nach 6 Tagen Vorkultur mit einer Nadel punktiert und für 2 Tage mit inflammatorischen Faktoren behandelt (LPS, IL1β) bzw. als unbehandelte Kontrollen belassen. Die Induktion einer inflammatorischen Antwort wurde durch Prostaglandin-(PGE2)-Analyse der Medienüberstände und Expressionsanalyse der isolierten Zellen bezüglich inflammatorischer Zytokine, MMPs, Aggrecan und Kollagen Typ II (Koll-2) untersucht. Das Stoffwechselprofil der Organkulturen wurde über den Glucoseverbrauch bestimmt. Zur Simulation normaler oder degenerativer Bedingungen wurde das Kulturmedium auf Normalbedingungen (5mM Glucose, 400 mOsm) oder Nährstoffmangel (0,05 mM Glucose, 300 mOsm) eingestellt. Einem Teil der Bandscheiben wurden fluoreszenz-markierte Bandscheiben-Zellen (PKH-67/26) in einem Albumin-Hydrogel injiziert. Bandscheiben mit injizierten Zellen wurden nach 1, 2 und 4 Wochen Inkubationszeit histomorphologisch und immunhistochemisch analysiert und der Glycosaminoglycan-(GAG)-Gehalt wurde bestimmt.
Ergebnisse: Die PGE2-Konzentration wurde durch Behandlung der Organkulturen mit LPS (10 µg/mL) oder IL1β (10 ng/mL bzw. 100 ng/mL) im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen signifikant erhöht (jeweils 21.7±0.8-fach, 5.5±0.9-fach bzw. 9.6±0.8-fach, n=27, p<0.0001). Erste Ergebnisse zeigten in Zellen, die aus LPS- oder IL1β-behandelten Proben isoliert wurden, eine erhöhte Expression von IL-6, IL-8, MMP-1 and MMP-3 und eine Erniedrigung der Koll-II und Aggrecan-Expression. Der GAG-Gehalt der Proben nahm während 2 Wochen Kulturzeit deutlich ab (62,4 ± 9%). Bezüglich der Glucose-Verbrauchswerte und der Lactat-Produktion zeigten die behandelten Proben ähnliche Werte wie die Kontrollen und lagen oberhalb des kritischen Mangel-Grenzwertes (1mM). Fluoreszierende Zellen konnten zu jedem Zeitpunkt im Gewebe nachgewiesen werden, mit nur geringen Unterschieden zwischen den verschiedenen Kulturbedingungen.
Schlussfolgerung: Durch Simulation degenerativer oder inflammatorischer Umgebungsbedingungen konnten wir in Organkulturen eine PGE2-Erhöhung, eine Expressionserhöhung von MMPs und Interleukinen sowie eine erniedrigte Matrixprotein-Expression induzieren. Der Nachweis injizierter fluoreszenz-markierter Zellen ermöglicht die Charakterisierung der Zellreaktionen unter Simulation einer degenerativen Umgebung. Dieses Modell bietet vielversprechende Möglichkeiten zur In-vitro-Testung regenerativer und anti-inflammatorischer Therapien der Bandscheibendegeneration.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR15-721
doi: 10.3205/14dkou503, urn:nbn:de:0183-14dkou5031
Published: October 13, 2014
© 2014 Neidlinger-Wilke et al.
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