Biomechanischer Vergleich augmentierter und nicht-augmentierter SI-Schrauben im Hemi-Pelvis-Model

Jun 17, 2019

Biomechanischer Vergleich augmentierter und nicht-augmentierter SI-Schrauben im Hemi-Pelvis-Model

Grüneweller N, Raschke MJ, Widmer D, Zderic I, Wähnert D, Gueorguiev B, Fuchs T, Windolf M

Fragestellung: Die operative Versorgung von Sakruminsuffizienzfrakturen führt zu Schwierigkeiten bei der Verankerung des Osteosynthesmaterials im osteopenen Knochen. Die Zementaugmentation (ZA) von Schrauben könnte zu einer verbesserten Stabilisierung führen. Ziel dieser Studie war der paarweise biomechanische Vergleich von augmentierten (augm.) und nicht-augmentierten (n.-augm.) SI-Schrauben in einem Sakrumfrakturmodell. Speziell der klinische Versagensmodus des Herausdrehens der SI-Schraube sollte simuliert und untersucht werden.

Methodik: Zunächst wurde ein Hemi-Pelvis-Testmodell entwickelt. Mittels invers-dynamischer Analyse (AnyBody Technology, Dänemark) wurden die auf das Iliosakralgelenk wirkenden Kräfte und Momente bei normalem Gang determiniert, um eine physiologische Belastung der Iliosakral-Region trotz resezierter Symphyse sicherzustellen.

Fünf humane Beckenfrischpräparate (1 männliches, 4 weibliche, Durchschnittsalter 76,8 Jahre) wurden unter Belassen der dorsalen Bandstrukturen von sämtlichem Weichgewebe befreit. Die Symphyse wurde reseziert. Die Knochendichte des Sakralwirbelkörpers 1 wurde CT-graphisch bestimmt. Beidseitig wurde eine Sakrumosteotomie durchgeführt und mittels kanülierter SI-Schrauben (Spitze zusätzlich perforiert) stabilisiert. Randomisiert wurde je eine Schraube pro Becken mit 3 ml Knochenzement an der Schraubenspitze augmentiert.

Die biomechanische zyklische Testung erfolgte zuerst einseitig mittels biaxialer, servohydraulischer Prüfmaschine auf Grundlage der berechneten Kräfte und Momente bis zum Versagen des Konstrukts. Die andere Seite des Beckens wurde nachfolgend in identischer Weise belastet. Das Verhalten des Konstrukts wurde radiologisch und mittels optischer 3D-Bewegungsanalyse während des Tests überwacht. Als Versagenskriterien wurden Herausdrehen, Ausreißen und Auslockern der Schraube in der Frontalebene untersucht.

Die statistische Auswertung erfolgte mittels des Wilcoxon-Rangsummentests (Signifikanzniveau p<0,05).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Ein Herausdrehen der Schraube wurde in 50% der Tests beobachtet (3x n.-augm, 2x augm.). Durch die ZA zeigte sich ein signifikant besserer Halt der Schraube im Sakrum (p=0,043) . Das Versagen des Gesamtkonstruktes (Sakrum und Ilium) zeigte aber keinen Unterschied zwischen augm. und n.-augm. Schrauben (p=0,138). Bei den augm. Schrauben konnte in 4 Fällen ein Einbrechen der Unterlegscheibe durch die äußere Iliumkortikalis beobachtet werden.

Der Versagensmechanismus des Herausdrehens der Schraube konnte experimentell reproduziert werden. Das Modell erscheint damit valide. Die ZA verbessert zwar den Halt der Schraube im Sakrum, hat jedoch wegen vermehrten Einbrechens der Unterlegscheibe am Ilium keinen signifikanten Einfluss auf die Stabilität des Gesamtkonstruktes. Die Verwendung von größeren Unterlegscheiben könnte zu einer verbesserten Gesamtstabilität beitragen. Das Herausdrehen der Schraube konnte durch die ZA nicht durchgängig verhindert werden.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR21-1401

doi: 10.3205/14dkou555urn:nbn:de:0183-14dkou5557

Published: October 13, 2014
© 2014 Grüneweller et al.
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