Dorsale Stabilisierung von Wirbelsäulenfrakturen: USS oder minimalinvasive Systeme? Welches Verfahren bringt eine höhere Stabilität und kann eine Kyphosierung im Verlauf verhindert werden?
Zwingmann J, Giehl J, Südkamp NP, Strohm P
Fragestellung: Der frühere Goldstandard der Frakturversorgung der BWS/LWS mit USS scheint durch minimalinvasive Stabilisierungssysteme Alternativen zu haben. Welche Vorteile/Nachteile sind aber mit den minimalinvasiven polyaxialen Schrauben wirklich assoziiert? Zeigen sich Unterschiede in der Stabilität gemessen im radiologischen Verlauf?
Methodik: Ausgewertet wurden retrospektiv konventionelle Röntgenaufnahmen und CTs. Vermessen wurden der Körperwinkel (KW), die Grunddeckplattenwinkel 1 und 2 und der mittlere Schraubenwinkel. Messzeitpunkte waren präoperativ, direkt postoperativ, nach 6 Wo., nach 6 Monaten und nach einem Jahr durchgeführt. Minimalinvasive Implantate mit polyaxialen Schrauben wurden bei 56 Pat. (44%) und der offene Fixateur interne(USS) bei 71 Pat. (56%) zur Frakturversorgung implantiert. Die statistische Auswertung erfolgte mit Wilcoxon-Test und Mann-Whitney-U-Test.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Von 128 Patienten (67% Männer, 33% Frauen) wurde bei 73 Pat. eine offene und bei 55 Pat. eine perkutane dorsale Stabilisierung durchgeführt. Das Durchschnittsalter betrug in beiden Gruppen 49 Jahre.
Der thorakolumbale Übergang war mit 64% betroffen (USS:62%, minimalinvasiv:67%, die LWS mit 21% (USS:19%, minimalinv.:24%), und BWS mit 15% (USS:19%, minimalinv:9%).
Die Schnitt-Naht-Zeit war beim USS mit 139 länger im Vgl. mit 100 Minuten in der minimalinv. Gruppe (p<0,0001). Die Durchleuchtungszeit und -dosis war in der minimalinvasiven Gruppe mit 215 Sekunden/1427 cgy signifikant länger bzw. höher als in der offen Gruppe mit 151 Sekunden/1231 cgy (p<0,0001). Der radiologische Vergleich der beigen Gruppen zeigte präoperativ unterschiedliche Ausgangswerte. Bei der USS Gruppe war der Wirbelkörper mit einem KW von 13° signifikant stärker deformiert als in der minimalinv. Gruppe mit 9° (p=0,018). Durch das offene Verfahren konnte eine nicht signifikant (p>0,05) bessere Reposition (Kyphose direkt postoperativ: USS: 2,8° (-9,2°), minimalinvasiv: 1,7° (-7,3°)) des frakturierten Wirbelkörpers erreicht werden. Der initiale Korrekturverlust in den ersten 6 Wochen war in beiden Gruppen annähernd gleich (USS: 4,4°, minimalinvasiv: 4,3°; p>0,05). Im weiteren Verlauf kam es noch zu einer minimalen Sinterung in beiden Gruppen ohne signifikanten Unterschied. Diese Ergebnisse bestätigten sich in der Messung der Grunddeckplattenwinkel und des mittleren Schraubenwinkels. Die Lage der Schrauben zueinander im seitlichen Strahlengang zeigte nach 6 Wochen eine Kyphosierung um 5,3° in der USS Gruppe und um 4,0° in der minimalinvasiven Gruppe, was ein Nachgeben der eingebrachten Implantate in beiden Gruppen zeigt.
Minimalinvasive Verfahren zeigen ein erhöhte intraoperative Strahlenbelastung, sind jedoch mit kürzeren OP Zeiten assoziiert. In den radiologischen Verlaufskontrollen zeigt sich nach 6 Wo. eine ähnliches Ausmaß der Kyphosierung und ein Nachgeben der Pedikelschrauben, welches nach einem Jahr nicht progredient war. Minimalinv. Implantate können als neuer Standard in der Frakturversorgung verwendet werden.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI14-378
doi: 10.3205/14dkou036, urn:nbn:de:0183-14dkou0366
Published: October 13, 2014
© 2014 Zwingmann et al.
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