Versagensanalyse bei standardisiertem Therapiekonzept proximaler Humerusfrakturen
Katthagen JC, Huber M, Grabowski S, Ellwein A, Voigt C, Jensen G, Lill H
Fragestellung: Die Behandlung proximaler Humerusfrakturen wird bei Reoperationsraten von bis zu 40% und Versagensquoten von bis zu 25% bei der Nagel- und Plattenosteosynthese sowie aktuell zunehmendem Trend hin zur konservativen Therapie kontrovers diskutiert. Klinische Ergebnisse in der Literatur beziehen sich meist auf einzelne Frakturtypen oder Therapieformen.
Ziel dieser Studie war es die Versagensrate und die Häufigkeit von Folgeoperationen innerhalb des standardisierten Versorgungskonzepts eines spezialisierten Trauma-Zentrums zu evaluieren, mit der Hypothese das bei standardisiertem Vorgehen deutlich geringere Versagens- und Revisionsraten, als zumeist beschrieben, zu beobachten sind.
Methodik: 423 von 566 (75%) Patienten (312 weiblich) im durchschnittlichen Alter von 68,3±13,9 Jahren mit Primärbehandlung einer proximalen Humerusfraktur zwischen Januar 2009 und Juni 2012 konnten in die retrospektive Studie eingeschlossen werden. Neben der Auswertung der patientenbezogenen Daten und Evaluation der durchgeführten Therapie wurden alle vorhandenen Röntgen- und CT-Bilder entsprechend vordefinierter Kriterien zur Beurteilung der Fraktur, der stattgehabten Therapie und eines möglichen Therapieversagens ausgewertet. Die Patienten wurden zudem telefonisch zu seit der Primärbehandlung stattgehabten Therapien, mit besonderem Fokus auf operative Eingriffe, befragt. Die telefonische Befragung erfolgte durchschnittlich 23,5 ±12,9 Monate nach der Primärbehandlung.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei 94 Patienten lagen isolierte Tuberkulafrakturen (n=36) oder subcapitale 2-Segmentfrakturen vor. In 191 Fällen handelte es sich um 3-Segment, in 130 Fällen um 4-Segment-Frakturen. Bei 78 Patienten lagen komplexere Frakturformen vor (Head-split-, Trümmer-, Luxationsfrakturen). Die Therapie erfolgte nach Vorgaben eines standardisierten Therapiekonzepts. 96 Frakturen wurden bei geringer Dislokation konservativ behandelt. Bei 44 Patienten erfolgte eine Nagel-, bei 211 Patienten eine Plattenosteosynthese. In 29 Fällen wurde eine anatomische Fraktur-TEP, bei 42 Patienten eine inverse TEP implantiert.
Insgesamt erfolgte in 94 Fällen (22,2%) ein operativer Eingriff nach der Primärbehandlung. Bei 48 Patienten war dies eine Materialentfernung (meist arthroskopisch, teilweise mit Arthrolyse und Therapie von Begleitpathologien).
Bei 39 Patienten (9,2%) kam es zu einem Therapieversagen mit Notwendigkeit des Therapiewechsels. Das Versagen trat meist durch Varusdislokation bei fehlender medialer Abstützung, Dislokation und Schmerz bei konservativer Therapie oder Fehleinschätzung der Fraktursituation ein, selten bei avaskulärer Nekrose oder intraoperativen Technikfehlern. Die Versagensrate nahm im Verlauf des Beobachtungszeitraums kontinuierlich ab.
Bei standardisierter Therapie proximaler Humerusfrakturen an einem spezialisierten Zentrum können deutlich geringere Versagens- und Revisionsraten beobachtet werden, als in der Literatur beschrieben.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI17-1265
doi: 10.3205/14dkou066, urn:nbn:de:0183-14dkou0663
Published: October 13, 2014
© 2014 Katthagen et al.
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