Osteosynthetische Versorgung azetabulärer Altersfrakturen – Ergebnisse der biomechanischen Untersuchung zur Primärstabilität unterschiedlicher Versorgungsstrategien
Özkurtul O, Höch A, Böhme J, Josten C
Fragestellung: Die steigende Inzidenz von vorderen Pfeiler- mit hinterer Hemiquerfrakturen bei älteren Patienten ist mit Herausforderungen verbunden. Sie sind die zweithäufigste Fraktur bei Patienten über 60 Jahren (Stand 12/2013) und stellen aufgrund ihrer komplexen Frakturmorphologie und der steigenden Komorbidität besonderes Wissen über die biomechanischen Eigenschaften sowie Veränderungen der lastableitenden Strukturen nach Osteosynthese voraus. In der Versorgung von osteoporotischen Frakturen, haben sich zur Erhöhung der Stabilität sowie Reduktion von Komplikationen kombinierte teilweise minimalinvasive Zugänge und Osteosynthesen etabliert. Bisher ist die Stabilität und Steifigkeit dieser Osteosynthesen wenig, die additiv supra-azetabuläre Verschraubung bisher unzureichend untersucht worden. Das Ziel dieser Studie ist der Vergleich dreier Osteosyntheseverfahren, die 14-Loch vs. 9-Loch- Plattenosteosynthese vs. supra-azetabuläre Verschraubung, und die sich daraus resultierende Veränderung der Steifigkeit und Dislokationstendenz bis hin zum Osteosyntheseversagen.
Methodik: Standardisierte instabile vordere Pfeiler- mit Hemiquerfrakturen in drei Sawbone-Becken (Sawbone®, Vashon, Washington, USA) wurden mit 3 verschiedenen Osteosynthesen versorgt:
- eine 14-Loch- 3,5 mm konventionelle Beckenrekonstruktionsplatte wurde mit acht bikortikalen Schrauben angebracht,
- eine 9-Loch- 3,5 mm Rekoplatte wurde infrapektinal mit vier bikortikalen Schrauben versorgt und
- eine kannülierte 7,3 mm supra-azetabuläre Schraube wurde antegrad durch den hinteren Pfeiler eingebracht.
In einem etablierten Versuchsaufbau wurden die Becken statisch belastet und die Frakturdisloaktion gemessen
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Bewegungsmuster sämtlicher Becken waren in allen 3 Raumebenen vergleichbar. Becken 1 zeigte mit der Standardosteosynthese in der Horizontalen die stärkste Dislokation mit 0,492±0,081 mm, in der Vertikalen 0,036±0,141 mm, in der Lateralen 0,117±0,037 mm. Becken 2 wies in der Horizontalen 0,227±0,287 mm, in der Vertikalen 0,139±0,254 mm, lateral 0,846±0,312 mm. Das Dehnungsverhalten zeigte unterschiedliche Eigenschaften der Osteosynthesen. Die stabilste Osteosynthese wies die konventionelle Standardversorgung mittels 14-Loch-Rekonstruktionsplatte auf, wohingegen die zusätzliche Platzierung einer antegrad eingebrachten supra-azetabulären Schraube zu einer Zunahme der Steifigkeit und demzufolge der Stabilität der Osteosynthese insbesondere im Bereich des hinteren Pfeilers führte. Basierend auf diesen Ergebnissen können Computersimulationen mit Hilfe von finiten Elementen durchgeführt werden, um die sich im Versuch nicht reproduzierbaren individualisierten osteoporotischen Knochen abzubilden. Zudem sollte basierend auf diesen Ergebnissen im klinischen Alltag zunehmend die Platzierung einer supra-azetabulären Schraube bei Azetabulumfrakturen mit Beteiligung des hinteren Pfeilers angestrebt werden, die mit einer Plattenosteosynthese über den ilioinguinalen Zugang versorgt werden.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI18-1488
doi: 10.3205/14dkou076, urn:nbn:de:0183-14dkou0768
Published: October 13, 2014
© 2014 Özkurtul et al.
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