Neue Wirkstoffe gegen resistente Bakterien

Deutsche Forscher haben eine neue, vielversprechende Klasse von Wirkstoffen gegen resistente Bakterien entwickelt. In ersten Tests waren die Substanzen mindestens genau so effektiv wie gängige Antibiotika. Die neuen Stoffe zielen auf das Enzym Pyruvatkinase ab, das in dieser Form nur in den Bakterien vorkommt und bisher nicht Ziel von Medikamenten war, weshalb es bislang noch keine Resistenzen dagegen gibt.

Resistente Bakterien entwickeln sich weltweit zum Problem. Um Infektionen langfristig und verlässlich behandeln zu können, werden neue Wirkstoffe benötigt, gegen die Bakterien noch keine Resistenzen entwickelt haben, sagt Prof. Dr. Andreas Hilgeroth vom Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Gemeinsam mit Forschern der Universität Greifswald und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg arbeitet er in einem geförderten Forschungsprojekt an solchen neuartigen Wirkstoffen.

Das Team hat jetzt neue Wirkstoffe entwickelt, welche auf das das Enzym Pyruvatkinase zielen. Es spielt eine wichtige Rolle für den Stoffwechsel von Bakterien. „Im besten Fall wirken die neuen Substanzen nur auf das bakterielle Enzym und damit die Bakterien ein, sodass es zu möglichst wenigen Nebenwirkungen kommt. Zudem können mit dieser neuen Zielstruktur bereits bestehende Antibiotikaresistenzen gebrochen werden“, erklärt Hilgeroth.

Zellversuche und erste Tests an den Larven der Großen Wachsmotte, einem Modellorganismus für die Lebenswissenschaften, konnten die Wirksamkeit der neuen Substanzen bestätigen. Die besten Verbindungen erzielten dabei mindestens genauso gute Ergebnisse wie konventionelle Antibiotika. Für diese Wirkstoffe wurde ein Patent angemeldet. „Diese ersten Ergebnisse stimmen uns zuversichtlich, dass wir auf der richtigen Spur sind“, sagt Hilgeroth. Allerdings müssen die Wirkstoffe noch zahlreiche weitere Tests durchlaufen, bis sie in groß angelegten klinischen Studien auch am Menschen erprobt werden könnten. Bis aus den Substanzen also ein marktreifes Medikament wird, könnten noch mehr als zehn Jahre vergehen.

Originalpublikation: Seethaler M et al.: Novel small-molecule antibacterials against Gram-positive pathogens of Staphylococcus and Enterococcus species. Antibiotics 2019; 8(4): 210 doi: 10.3390/antibiotics8040210

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Kindgerechter Skoliosetherapie-Roboter in Entwicklung

Intelligente Therapiegeräte sollen künftig bei der Behandlung der kindlichen Skoliose helfen.

Schon jetzt werden in einigen EU-Ländern Therapiegeräte zur Haltungskorrektur eingesetzt: Der Patient wird fixiert und die gekrümmte Wirbelsäule durch intervallartige Druck- und Entlastungsphasen korrigiert. Solche marktüblichen Therapiegeräte zeigen jedoch aktuell noch deutliche Mängel. Im Projekt KATi („Kindgerecht Automatisieren, Therapie Intensivieren“) forschen Wissenschaftler am Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) der TU Dresden gemeinsam mit Projektpartnern der Universität Jena, der EvoSense GmbH und der DIERS GmbH daran, diese Therapiegeräte zu optimieren. Ziel ist die Entwicklung eines „einfühlsamen“ Therapieroboters, der die Behandlung wirkungsvoll, schonend und sicher macht. Intelligente Biosensoren werden die Leistungsfähigkeit der Patienten erkennen und dadurch individuell auf ihre Bedürfnisse eingehen können. Die Kinder sollen motivierendes Feedback zu ihren Fortschritten erhalten. Dabei steht die Sicherheit der Patienten im Mittelpunkt: Biosensoren überwachen ihre Vitalparameter und warnen vor Überlastung.

Zusätzlich soll den Kindern die Angst vor der Behandlung genommen werden. Bei der Gestaltung des Roboters wird daher auf die kindliche Perspektive Rücksicht genommen. Die Therapie soll spielerisch aufbereitet werden.
„Die Kinder werden die Übungen mit dem Roboter leichter erlernen. Die Behandlung kann deshalb früher und intensiver erfolgen. Mit dem Roboter wird die Therapie zum Spiel und das Spiel zur Therapie“, so der Projektleiter Dr.-Ing. Grzegorz Śliwiński vom IBMT. „Wir haben den Anspruch, fehlende Technologien zu erforschen und in den nächsten drei Jahren in einen kindgerechten Skoliosetherapie-Roboter zu überführen, der in spätestens fünf Jahren auf den Markt neue Standards setzt.“

Quelle: Technische Universität Dresden

Sensibel trotz dicker Hornhaut

Beim Barfußlaufen auf natürlichem Boden bildet sich schnell eine dicke Schutzschicht aus Hornhaut an den Füßen. Die Sensorik wird dadurch überraschenderweise nicht eingeschränkt.

Bewegungswissenschaftler der Technischen Universität Chemnitz und Biologen von der Harvard University untersuchten in einer Studie, welchen Einfluss eine dicke Hornhaut auf die Empfindlichkeit der Fußsohlen hat, und kamen zu unerwarteten Ergebnissen.

Mittels Ultraschall wurde die Dicke der Fußsohlenhaut von 40 barfuß laufenden Personen in Kenia vermessen. Mit einem Vibrationsgerät wurde daraufhin die Empfindlichkeit der Fußsohlen getestet. Als Kontrollgruppe dienten Kenianerinnen und Kenianer, die regelmäßig Schuhe tragen. Unterstützung erhielt das Forscherteam um Prof. Thomas Milani und Prof. Daniel Lieberman vom Institut für Physiologie der Moi University in Kenia.

Durch die Zunahme von Hornhaut müsste diese Wahrnehmung der Bodenbeschaffenheit beim Gehen gedämpft sein, könnte man vermuten. Die Ergebnisse der Messungen fielen jedoch anders aus: Trotz 30% dickerer Hornhaut bei den barfußlaufenden Menschen konnte kein Sensibilitätsunterschied zwischen den Gruppen festgestellt werden. Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass Hornhaut damit ihre Schutzfunktion erfüllt, ohne die darunter liegenden Sensoren in ihrer Funktion einzuschränken.

Originalpublikation: Holowka NB et al.: Foot callus thickness does not trade off protection for dynamic skin sensitivity during walking. Nature 2019; 571: 261-4; doi: 10.1038/s41586-019-1345-6

Quelle: Technische Universität Chemnitz

Keramisches Scaffold für den osteochondralen Ersatz am Kniegelenk

Keramisches Scaffold für den osteochondralen Ersatz am Kniegelenk

Mayr HO, Bernstein A, Südkamp NP

Fragestellung: Ziel der Studie ist die Testung eines mit Chondrozyten besiedelten mikroporösen Scaffolds auf beta-Tricalciumphosphatbasis, für das Tissue Engineering bei osteochondralen Defekten in der Tierstudie

Methodik: Als Implantate dienten zylindrische beta-Trialciumphosphat (TCP)-Formkörper mit 7 Durchmesser und 25 mm Länge. Diese offenporigen 3D-beta-Trialciumphosphat-Scaffolds (Mikroporen 5 µm, Porosität 40%, axiale Versagenslast 7200 N/cm²) wurden mit autologen Knorpelzellen in vitro beimpft und für 4 Wochen kultiviert. Die Implantate wurden in geschaffene Defekte (Durchmesser 7 mm) im medialen Femurkondylus des Schafsknies eingebracht. Das Implantat wurde mit Synovialmembran gelenkseitig abgedeckt. Beim rechten Knie diente ein Leerloch gleicher Maße als Kontrolle. 28 Schafe wurden in 6-, 12-, 26- und 52-Wochengruppen zu je 7 Tieren aufgeteilt. Im biomechanischen Indentationsversuch wurde die Eindringprüfung mit einem kugelförmigen (Ø 3 mm) Eindringkörper Weg-geregelt (200 Mikrometer). Es wurde die erreichte Kraft, die absorbierte Energie und die Kontaktsteifigkeit gemessen. Die unentkalkten Knochenproben wurden in Trenn-Dünnschliff-Technik zu histologischen Präparaten verarbeitet. Es wurde eine Beurteilung des neugebildeten Knorpels nach dem ICRS Score und eine histomorphometrische Analyse vorgenommen. Statistische Analyse: T-Test, Mann-Whitney-U-Test, Wilcoxon-Test mit statistischer Signifikanz p<0.05.

Ergebnisse: Im Indentationsversuch tolerierte der transplantierte Bereich eine Kraft von 0.05 ±0.23 N, nach 12 Wochen 0.12 ±0.07 N, nach 26 Wochen 0.24 ±0.23 N und nach 52 Wochen 0.27 ±0.11 N versus 0.30 ±0.12 N beim gesunden Knorpel. Die Zunahme der tolerierten Kraft war hochsignifikant (p<0.0001). Ebenso nahm die Kontaktsteifigkeit von 0.87 ±0.29 N/mm nach 6 Wochen auf 3.14 ±0.86 N/mm nach 52 Wochen mit hochsignifikanter Steigerung (p<0.0001) zu. Die absorbierte Energie stieg signifikant (p= 0.02) von 0.74 ±0.38 mNmm nach 6 Wochen auf 2.82 ±1.35 mNmm nach 52 Wochen. In der ICRS Visual Histological Assessment Scale (max. 18 Punkte) erreichte der Randbereich des transplantierten Areals nach 6 Wochen 7 Punkte und nach 52 Wochen 16 Punkte. Dagegen stagnierte das Zentrum des Transplantationsareales bei 6 Punkten. Die histomorphometrische Beurteilung ergab, dass nach 6 Wochen 1.27±1.89% des TCP resorbiert und knöchern ersetzt waren. Nach 6 Wochen waren es 1.27±1.89%, nach 12 Wochen 23.66±6.34%, nach 26 Wochen 71.60±20.84% und nach 52 Wochen 76.06±18.05%. Die Zunahme der Resorption und des knöchernen Ersatzes über den Beobachtungszeitraum war hochsignifikant (p<0.001).

Schlussfolgerung: In der Schafstudie ähneln die biomechanischen Eigenschaften des Regenerates auf TCP nach 52 Wochen denen des natürlichen Knorpels. Im ICRS-Score wird nicht das morphologische Bild des gesunden Knorpels erreicht. Das TCP als knöcherner Ersatz wird resorbiert und knöchern ersetzt.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR18-275

doi: 10.3205/14dkou528urn:nbn:de:0183-14dkou5285

Published: October 13, 2014
© 2014 Mayr et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.

BMP-2 Release aus mikroporösen beta-TCP Scaffolds mit Alginat als Carrier

BMP-2 Release aus mikroporösen beta-TCP Scaffolds mit Alginat als Carrier

Kißling S, Seidenstuecker M, Mayr HO, Südkamp NP, Bernstein A

Fragestellung: Bone Morphogenetic Protein-2 (BMP-2) führt zu gesteigerter Knochenneubildung. Die osteoinduktive Potenz von BMP-2 ist höher, wenn es in einen Träger eingebaut ist. Beta Tricalciumphosphat (beta-TCP) hat sich als geeignetes Material hinsichtlich Bioabbaubarkeit und mechanischer Stabilität erwiesen. Es ist bisher nicht gelungen, eine kontrollierte Freisetzungskinetik von BMP aus TCP-Scaffolds zu erzielen.

Das Ziel dieser Forschungsarbeit ist, eine definierte Freisetzung von BMP-2 über einen längeren Zeitraum durch Koppelung an ein Hydrogel zu erreichen und somit die Entwicklung eines osteoinduktiven, mechanisch stabilen Scaffolds.

Methodik: Als Modellsubstanz für BMP-2 wurde zunächst FITC-markiertes Protein A (2 mg/ml) verwendet. Für die Beladung der beta-TCP Zylinder (n=8; 40% Porosität, 5 μm Porendurchmesser, interkonnektierend, 7mm x 6 mm) wurden drei verschiedene Hydrogele verwendet und die Freisetzung miteinander verglichen: Gelatine, homogenes Alginatgel und inhomogen ausgehärtetes Alginat. Nach definierten Zeitpunkten (1, 2, 3, 6, 9, 14, 28 Tage) wurde freigesetzte Menge FITC-Protein A bestimmt. Anschließend wurde der Versuch mit dem inhomogen verfestigten Alginat und BMP-2 wiederholt. Weiter wurden beta-TCP-Scaffolds mit der Kombination BMP-2 (0,05 mg/ml) und Alginat (5% w/v) beladen und mit Osteoblast-like-cells (MG63) in Kontakt gebracht. Nach 24h, 48h und 96h wurde ein Live-Dead-Assay zur Beurteilung der Zellvitalität und der WST-1-Test zur Analyse der Viabilität durchgeführt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Abgabe des FITC-Protein A erfolgte sowohl aus der Gelatine, als auch dem homogenen Alginat sehr schnell. So waren bereits nach 24h 80,9% aus der Gelatine und 76,1% aus dem homogenen Alginat freigesetzt.

Das Release aus dem inhomogenen Alginat betrug nach 24h lediglich 36% der Gesamtmenge. Das BMP-2-Release betrug am Tag 14 des Versuchs 257,33 ± 73,19 ng/ml (~11,1%) sowie an Tag 28 des Release-Versuchs 57,56 ± 18,78 ng/ml (~1,82%).

Nach dem Freisetzungsversuch wurden die Scaffolds aufgebrochen und mikroskopiert. Dabei zeigten sich nach 28 Tagen noch deutliche Überreste des FITC-Protein A.

Mit dem Live-Dead-Assay konnte nachgewiesen werden, dass die freigesetzte Menge BMP-2 nicht toxisch ist. Die Zellen wuchsen in das Alginat des beladenen Knochenersatzdübels hinein.

Der WST-1-Test zeigt einen signifikanten Unterschied der Zellviabilität bei Inkubation mit einem BMP-2 und Alginat beladenen Scaffold im Vergleich zu einem lediglich mit Alginat beladenen Scaffold. Dies belegt eine deutliche Proliferationssteigerung.Aufgrund der höheren physikalischen Löslichkeit ist bei dem homogenen Alginatgel und der Gelatine ein deutlicher Burstrelease zu verzeichnen. Das Release aus dem festeren inhomogenen Alginat ist deutlich konstanter.

Osteoblast-like-cells zeigten in Kombination mit den BMP-2 beladenen beta-TCP-Scaffolds eine signifikant erhöhte Proliferation, sowie gute Vitalität.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR18-1140

doi: 10.3205/14dkou527urn:nbn:de:0183-14dkou5276

Published: October 13, 2014
© 2014 Kißling et al.
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