Beurteilung chirurgischer Nahtmaterialien aus mikrobiologischer Sicht – sind gezahnte Fäden („barbed sutures“) eine neue Alternative?
Hofmann UK, Dhom J, Bloes D, Peschel A
Fragestellung: Seit wenigen Jahren steht ein neuartiges Nahtmaterial („barbed suture“) zum operativen Wundverschluss zur Verfügung, bei welchem statt einer Einzelknopfnaht eine fortlaufende Naht ohne abschließende Verknotung ermöglicht wird. Dies fusst auf dem Prinzip von gleichgerichteten Widerhaken entgegen der Stichrichtung. Als Vorteile werden eine im Nahtbereich homogenere Kraftverteilung und eine deutliche Verkürzung der OP-Zeit aufgeführt. In der wissenschaftlichen Literatur wurde dieses Material sehr positiv aufgenommen. Nicht nur von biomechanischer, sondern auch mikrobieller Überlegenheit wurde berichtet. Letztere erscheint aufgrund der Zahnung des Fadens nicht plausibel. Es wurden daher erneut die mikrobiellen Eigenschaften dieses Nahtmaterials kritisch untersucht und mit bisher etablierten Nahtmaterialien verglichen. Wir erwarteten vor allem unter den Einkerbungen der Zähne vermehrt Bakterien, was in der Folge auch eine antibiotische Therapie durch Biofilmbildung erschweren würde.
Methodik: Es erfolgte die bakterielle Exposition von den Nahtmaterialien Ethilon® II (monophil), Vicryl® (polyphil), Vicryl® Plus (polyphil, triclosanbeschichtet) und Quill® (monophil-gezahnt). Die in unserer Abteilung häufigsten Keime auf chirurgischen Abstrichen wurden getestet: S. aureus, S. epidermidis, E. coli,E. faecium und P. aeruginosa.
Nach kurzer Inkubation in der jeweiligen Bakteriensuspension erfolgte die Kultur auf Farbumschlagagar. Dies ermöglicht ein Auslesen der bakteriellen Stoffwechselaktivität durch Ausmessen des Farbumschlaghofes. Das gleiche Experiment wurde unter antibiotischer Exposition durchgeführt. Die Fäden wurden anschließend konfokal im Dunkelfeld mikroskopiert um die Lage der Bakterienkolonien auf den Fäden zu ermitteln.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die geringste bakterielle Adhäsion und Kultur ist auf dem monophilen Faden nachweisbar. Der gezahnte Faden schneidet im Vergleich klar schlechter ab. Mikroskopisch liegen hier die Bakterienkulturen in den Einkerbungen unter den Zähnen. Der polyphile native Faden ist am stärksten bakteriell besiedelt, wobei die Kolonien in den Nischen zwischen den verflochtenen Einzelfasern liegen. Der erzielte Effekt der Triclosanbeschichtung ist dabei abhängig vom Resistenzprofil des jeweiligen Bakteriums. Sehr guter Erfolg zeigt sich z.B. bei S. aureus, kein Effekt bei P. aeruginosa.
Bei allen Fäden ist nach vorheriger bakterieller Besiedlung kaum ein Effekt durch antibiotische Behandlung zu erzielen. Der geringe Effekt externer Antibiose kann durch Biofilmbildung erklärt werden.
Im Unterschied zu bisherigen Publikationen finden sich auf dem gezahnten Faden mehr Bakterien als auf dem monophilen Nahtmaterial und dies erwartungsgemäß vor allem im Bereich der Zähne. Einer Verwendung zum Hautverschluß bei endoprothetischen Operationen stehen wir daher zurückhaltend gegenüber, die Verwendung z.B. als Kapselnaht scheint aus mikrobiologischer Sicht günstig. Zurückhaltung sollte zudem bei Operationen mit kontaminiertem Wundgrund geübt werden.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR18-611
doi: 10.3205/14dkou533, urn:nbn:de:0183-14dkou5331
Published: October 13, 2014
© 2014 Hofmann et al.
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