Biotechnologische Konzepte zur konservativen Behandlung von Rückenschmerzen – Alternativen zu Glukokortikoiden

Apr 15, 2018

Biotechnologische Konzepte zur konservativen Behandlung von Rückenschmerzen – Alternativen zu Glukokortikoiden

Moser C, Grönemeyer D

Fragestellung: Glukokortikoide sind ein viel diskutierter Goldstandard in der konservativen Behandlung von Rückenschmerzen. Bei bestimmten Indikationen gelten die Injektionen darüber hinaus als „off label use“. Eine Reihe neuer, regenerativer Therapiekonzepte befindet sich in klinischer Erprobung. Aktuelle Ergebnisse aus kontrollierten klinischen Studien mit biotechnologischen Behandlungsmodalitäten wie Zytokinantagonisten (u.a. TNF-alpha Hemmer, Interleukin-1 Rezeptorantagonisten, autologe Blutzubereitungen), Wachstumsfaktoren oder Kombinationen (systemische und lokale Applikation) werden in dieser Arbeit systematisch analysiert.

Methodik: Prospektive, randomisierte, doppelblinde und referenzkontrollierte Studien (RCT) erfassten die potenzielle Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten mit Radikulopathien/ ischialgiformen Schmerzen. Der monoklonale-TNF-Antikörper Infliximab (Handelsname Remicade®) wurde dabei intravenös appliziert (2 Studien, N=40). Den löslichen TNF-Inhibitor Etanercept (Enbrel®) testete man subcutan (1 Studie, N=10) und perispinal (epidural bzw. intradiskal; 7 RCTs, N=312). Der humanisierte monoklonale TNF-Antikörper Adalimubab (Humira®) wurde subkutan verabreicht (2 RCTs, N=117) und das autologe konditionierte Serum (ACS, Orthokin®) wirbelsäulennah (epidural-perineural, 2 Studien, N=103). Ein weiterer potenzieller Therapie-Ansatz, die gezielte Förderung und Aktivierung der anabolen Prozesse auf Zellebene über die Bereitstellung von Wachstumsfaktoren, wurde durch die intravenöse Gabe des nerve growth factor (NGF-) Antikörpers Tanezumab untersucht (1 RCT; N=217).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Aus insgesamt 18 Publikationen konnten über 1000 Fälle gesammelt und ausgewertet werden. In mehr als der Hälfte der ausgewerteten Studien wurde ein statistisch signifikanter Vorteil (Reduktion von Schmerz, Verbesserung der Beweglichkeit, Zunahme der Lebensqualität) für eine aktive Behandlung gefunden. Die Effektgrößen (Effect Sizes, ES) der verschiedenen Präparate waren heterogen und zum Teil inkonsistent. Als nicht wirksam erwies sich das Infliximab. Die meisten Verfahren inklusive Enbrel, ACS und Adalmumab waren schwach bis mäßig wirksam (Verbesserung um bis zu 20 Punkte auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten – im Vergleich zu Placebo). Die Evidenz für eine starke Wirksamkeit (Enbrel, Adalimumab und ACS) beschränkte sich auf einzelne Studien mit wenigen Teilnehmern und entsprechend geringer Aussagekraft. Die bemerkenswertesten Effekte fanden sich in einer Adalimumab Studie, in der die Operationsnotwendigkeit in der Verumgruppe signifikant geringer lag.

Die Ergebnisse stützen zwar das Modell, erlauben aber noch keine definitive Aussage bezüglich der Effektivität und Sicherheit. Die kann erst nach Abschluss weiterer aussagekräftiger Studien (Patientenzahl, Randomisierung, Verblindung, Angaben bezüglich technischer Durchführung) und unter Einbeziehung der besonderen Problematik von Krankheitsbildern im Bereich der Wirbelsäule(Indikationen, Schmerzlokalisation) erfolgen.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI54-384

doi: 10.3205/14dkou381 urn:nbn:de:0183-14dkou3812

Published: October 13, 2014
© 2014 Moser et al.
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