by G. H. | Apr 9, 2016 | Hüfte + Endoprothetik, News
Überbrückende iliacale und lumbo-iliacale Stabilisierung bei Insuffizienzfrakturen des Os sacrum
Werle S, Abu Nahleh K, Böhm H
Fragestellung: Insuffizienzfrakturen des Os sacrum entstehen aufgrund verminderter Belastbarkeit unter physiologischer Beanspruchung oft ohne jegliches Trauma. Begünstigend können sich Veränderungen der Lastverteilung nach lumbalen Fusionen auswirken. Im Gegensatz zu Hochenergieverletzungen ist die Frakturmorphologie sakraler Insuffizienzfrakturen der konventionellen Röntgendiagnostik kaum zugänglich zumal diese zumeist nicht von vorderen Beckenringfrakturen begleitet werden. Die operative Therapie soll die Einschränkungen und Gefahren temporärer Immobilisation verhindern. Dabei ermöglicht die Technik der überbrückenden iliacalen und ilio-lumbalen Stabilisierung eine Frakturversorgung ohne Fixation im Knochen des mechanisch insuffizienten Kreuzbeines selbst.
Es stellt sich die Frage, inwieweit diese Technik geeignet ist, die Belastung des Os sacrum unter uneingeschränkter Mobilisation der Patienten soweit zu reduzieren, dass eine Heilung der Fraktur erreicht werden kann.
Methodik: Zwischen Juni 2010 bis Juli 2013 erfolgte bei 14 Patienten mit Insuffizienzfrakturen des Kreuzbeines iliacale oder ilio-lumbale Stabilisierungen. Bei Anschluss an eine dorsale lumbale Instrumentation wurde der Eingriff offen, in allen anderen Fällen perkutan, biplanar fluoroskopisch kontrolliert durchgeführt. Die Patienten wurden am ersten postoperativen Tag mobilisiert. Klinische und konventionell radiologische Verlaufskontrollen erfolgten postoperativ, nach einer sowie nach 12 Wochen und 6 Monaten. Grundlage für die Beurteilung der Frakturheilung und Implantatlage war eine CT mit multiplanarer Rekonstruktion nach 12 Wochen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Das Durchschnittsalter der 12 weiblichen und 2 männlichen Patienten betrug 70,6 Jahre (56 bis 84). Ein auslösendes Ereignis im Sinne eines Niedrigenergie-Traumas lag lediglich bei 6 Patienten vor. Bei 9 Patienten war eine Osteoporose bekannt, bei 3 weiteren eine onkologische Bestrahlung der Beckenregion vorausgegangen. Vier Patienten waren zuvor fusionierend an der Lendenwirbelsäule operativ versorgt. Die Frakturmorphologie entsprach dem Typ A in 9, Typ B und C in je 2 (Denis-Klassifikation) und einer Vorderkantenabsprengung S1. Zwei Patienten wurden rein iliacal, 12 iliolumbal instrumentiert.
Radiologisch kam es in 12 Fällen zur Frakturheilung mit Nachweis einer Konsolidierung zum Zeitpunkt 12 Wochen nach dem Eingriff. In einem Fall zeigte sich eine Implantatfehllage bei L5. Es traten zwei Wundheilungsstörungen auf. Eine Materialentfernung wurde in 6 Fällen durchgeführt. Das Intervall der Verlaufskontrolle betrug im untersuchten Kollektiv 10,3 Montate (6 bis 30).
Nach den Ergebnissen an diesem Patientenkollektiv stellt die iliacale bzw. ilio-lumbale Stabilisierung eine sinnvolle Technik im Rahmen der operativen Behandlung bei Insuffizienzfrakturen des Os sacrum dar. Auch unter Berücksichtigung von Implantatfehllagen, perioperativen Komplikationen und der Rate an verheilten Frakturen ist die Methode eine gute Alternative zur oft komplikationsbehafteten konservativen Therapie.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI12-1413
doi: 10.3205/14dkou020, urn:nbn:de:0183-14dkou0206
Veröffentlicht: 13. Oktober 2014
© 2014 Werle et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.
by G. H. | Apr 9, 2016 | Hüfte + Endoprothetik, News
Perkutane ileosakrale Kompressionsosteosynthese mit Fixateur interne und kanülierten Schrauben bei osteoporotischen Frakturen des hinteren Beckenrings
Bauer J, Stiegeler I, Hölzl A, Verheyden A
Fragestellung: Bei Patienten mit Osteoporose sind Frakturen des Os sacrum häufig und typischerweise mit starken, immobilisierenden Schmerzen verbunden. Eine biomechanisch befriedigende minimal invasive Stabilisierungstechnik ist bisher nicht etabliert. Die alleinige perkutane transiliosakrale Verschraubung ist beim osteoporotischen Knochen mechanisch nicht ausreichend, eine vertebropelvine Abstützung zu invasiv und komplikationsträchtig. Beschrieben wird eine perkutane Kombination von transileosacraler Verschraubung und einer Kompressionsosteosynthese des Sacrums durch ein Fixateur interne System.
Methodik: Neben der bekannten Technik der mono- oder bilateralen transiliosakralen Schraubeninsertion werden von dorsal beidseits in Höhe der Spina iliaca posterior superior Pedikelschrauben mit 9mm Durchmesser und 80-90 mm Länge in Richtung auf das Zentrum des Hüftkopfes perkutan in das Os ileum eingebracht. Eine Verbindungsstange 5,5mm wird W-förmig vorgebogen, subcutan über dem Lig. Supraspinosum durchgeschoben und unter Kompression winkelstabil mit leichter angulärer Vorspannung mit den Schrauben verbunden. Bei allen Patienten wurde die Osteosynthese ISO C 3D-kontrolliert und teilweise navigiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es wurden ab 7/2011 bis heute 18 Patienten prospektiv erfasst, 15 Frauen und 3 Männer mit osteoporotischen Frakturen des Os sacrums, die mit dem oben genanntem Verfahren therapiert wurden. Bei 12 davon lag eine begleitende vordere Beckenringfraktur vor, die in 2 Fällen mit perkutaner Kriechschraube des Schambeins stabilisiert wurde. Das Durchschnittsalter war 79 Jahre (71-90). Bei allen Patienten ließ sich die perkutane Kompressionsosteosynthese des Os sacrum sowie die transileosacrale Verschraubung technisch gut durchführen. Die durchschnittliche Op-Dauer betrug 103 Minuten. In einem Fall mussten intraoperativ die Schrauben des Fixateur interne im Os ileum mit Zement augmentiert werden, in 2 Fällen wurde die transileosacrale Schraubenlage nach dem 3D Scan intraoperativ korrigiert. Ein Patient musste postoperativ wegen eines Seroms punktiert werden. Alle Patienten konnten in deutlich schmerzreduziertem Zustand unter Vollbelastung remobilisiert werden. Follow up bis 6 Monate ist bisher bei 15 Patienten dokumentiert. Inlet-Outlet Aufnahmen zeigten knöchern gut konsolidierte Frakturen sowie eine regelrechte Implantatlage bei 14 Patienten. In einem Fall waren die transileosacralen Schrauben gelockert, die Fraktur aber geheilt.
Die perkutane ileosakrale Kompressionsosteosynthese mit Fixateur interne und kanülierten Schrauben ist eine effektive, wenig belastende Behandlungsmethode um bei Patienten mit osteoporotischen Frakturen des hinteren Beckenrings zu einer schnellen schmerzarmen Remobilisierung zu kommen. 3D Bildgebung im Op und Navigation erhöhen die Sicherheit der Schraubenplatzierung und reduzieren die Strahlenbelastung für Patienten und OP-Team.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI12-1226
doi: 10.3205/14dkou019, urn:nbn:de:0183-14dkou0191
Veröffentlicht: 13. Oktober 2014
© 2014 Bauer et al.
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by G. H. | Apr 9, 2016 | Hüfte + Endoprothetik, News
Biomorphometrische CT-basierte Analyse des infraazetabulären Korridors zur Versorgung von Azetabulumfrakturen
Gras F, Gottschling H, Schröder M, Marintschev I, Hofmann GO, Burgkart R
Fragestellung: Bei der operativen Versorgung von Azetabulumfrakturen ermöglicht die infraazetabuläre Schraubenplatzierung einen periazetabulären Rahmenschluss [1], [2], [3]. Hierdurch kann die Osteosynthesestabilität in biomechanischen Untersuchungen um bis zu 50% gesteigert werden [2], [3]. Im klinischen Alltag ist die sichere Platzierung jedoch häufig schwierig. Eine genaue Kenntnis der Korridormaße und -achsen ist von entscheidender Bedeutung für eine sichere Schraubenpositionierung.
- In wie viel Prozent der Patienten ist ein infra-azetabulärer Korridor (≥5 mm Durchmesser) vorhanden?
- Existiert eine universale Korridorachse mit definiertem Ein- und Austrittspunkt?
- Korrelieren diese Parameter mit verschiedenen anthropometrischen Eigenschaften?
Methodik: Von 523 segmentierten Becken (208 Frauen, 315 Männer; anonymisierte Datenbank; Fa. Stryker) wurde ein repräsentatives Template erstellt, um so jedes einzelne Becken mit Hilfe eines free-form registration Algorithmus abzugleichen. Potentielle Ein- und Austrittspunkte des infraazetabulären Korridors wurden am Template eingezeichnet und anschließend automatisch auf die einzelnen Becken übertragen, um so die jeweiligen maximalen Korridordurchmesser, -längen und -achsen zu bestimmen.
Die deskriptive und analytische Statistik erfolgte mit SPSS 20. Die multivariable lineare Regressionsanalyse mit R Core Team (2013). Die Werte sind als MEAN ± SD angegeben.
Ergebnisse: In 485 von 523 Becken (93%) wurde ein infraazetabulärer Korridor mit einem Durchmesser von mindestens 5 mm (Länge 81-122 mm) bestimmt. Die mittlere Korridorachse wies einen Inklinationswinkel von 54,8±7,2° in Relation zur Lewinnek Ebene, sowie eine mediale Abkippung der Sagittalebene von 1,53±4,9° auf. Bei Verwendung dieser Parameter, als Empfehlung für eine universale Schraubenausrichtung, lässt sich ein adäquat großer Korridor in 64% der Becken finden. In weiteren 25% der Becken muss der 3D Winkel um ≤5° modifiziert werden. Eine Geschlechterabhängigkeit (weiblich vs. männlich) besteht sowohl für den Korridordurchmesser (6,90±1,57 vs. 7,71±1,71; p=0.05), als auch für die Korridorachse (mediale Abkippung der Sagittalebene: 0,29±4,23 vs. 4.29±0,32; p<0.001; kaudale Abkippung der Lewinnek-Ebene: 54,0±6,94 vs. 55,3±7,26; p=0.05).
Schlussfolgerung: Durch die Bestimmung der infra-azetabulären Korridorausrichtung und -größen, sowie Beschreibung des optimalen Eintrittspunktes gibt diese Studie wichtige Zusatzinformationen zur sicheren Platzierung einer infraazetabulären Schraube.
Die infraazetabuläre Korridorachse weist eine geringe, interindividuelle Varianz auf. Aufgrund des engen, knöchernen Korridordurchmessers wird jedoch eine individuelle, präoperative CT-Analyse empfohlen.
Literatur:
- Culemann U, Marintschev I, Gras F, Pohlemann T. Infra-acetabular corridor – technical tip for an additional screw placement to increase the fixation strength of acetabular fractures. J Trauma. 2011 Jan;70(1):244-6. DOI: 10.1097/TA.0b013e3181f45f91 Externer Link
- Gras F, et al. J Trauma. 2012.
- Marintschev I, Gras F, Schwarz CE, Pohlemann T, Hofmann GO, Culemann U. Biomechanical comparison of different acetabular plate systems and constructs–the role of an infra-acetabular screw placement and use of locking plates. Injury. 2012 Apr;43(4):470-4. DOI: 10.1016/j.injury.2011.11.009 Externer Link
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI12-972
doi: 10.3205/14dkou018, urn:nbn:de:0183-14dkou0189
Veröffentlicht: 13. Oktober 2014
© 2014 Gras et al.
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by G. H. | Apr 9, 2016 | Hüfte + Endoprothetik, News
Beobachtungsstudie zum Management instabiler Beckenfrakturen
Wohlrath B, Trentzsch H, Schweigkofler U
Fragestellung: Die mechanische Stabilitätsprüfung wird zur Diagnose instabiler Beckenfraktur trotz zweifelhafter Aussagekraft empfohlen. Die zunehmende Verbreitung von präklinisch anwendbaren Hilfsmitteln zur nicht-invasiven Stabilisierung könnte einen Paradigmenwechsel einleiten. Diese Beobachtungsstudie soll die tatsächliche Praxis hinsichtlich der Anwendung von nicht-invasiven Stabilisationsmethoden und der mechanischen Stabilitätsprüfung untersuchen. Wir präsentieren eine Zwischenauswertung.
Methodik: Prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie an schwerverletzten Patienten mit präklinischem V.a. Beckenringfraktur anhand Mechanismus oder klinischer Untersuchung. Daten zur Stabilitätsprüfung, der bildgebenden Diagnostik und zu Stabilisierungsmaßnahmen werden anonym mittels standardisiertem Fragebogen erhoben. Die Stabilitätsprüfung ist der Index-Test, die CT der Referenztest. Die Daten sind in Absolutzahlen und Prozent angegeben.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bisher wurden 48 Patienten eingeschlossen, 24 (50%) zeigten im CT eine instabile und 4 eine stabile Fraktur.
Die Stabilitätsprüfung wurde bei nur 26 Fällen (54%) durchgeführt. Gleichzeitig wurden aber 36 Fälle (75%) bereits präklinisch mit Beckengurt (BG 71%) oder Vakuummatratze (VM 29%) stabilisiert. Davon hatten 13 (50%) Patienten mit BG eine instabile Fraktur. Alle BG wurden belassen und die Stabilitätsprüfung im SR unterlassen. Von 10 Patienten mit VM zeigten 6 instabile Frakturen, fünf davon erhielten eine Stabilitätsprüfung.
Bei den 26 auf Stabilität geprüften Patienten fand sich bei nachgewiesener Instabilität in 45% ein positiver (pathologischer) Test (Sensitivität 46%, positiver prädiktiver Wert 100%). Alle Patienten mit stabilem Becken hatten einen negativen Test (Spezifität 100%, negativer prädiktiver Wert 71%). Von 6 Patienten mit falsch-negativem Test gingen 4 ohne Stabilisierung ins CT.
95% der Patienten erhielten ein CT (72% Traumaspirale, 23% isoliertes Becken-CT). Bei 57% wurde vor der CT noch geröntgt. Eine externe Stabilisierung im Schockraum erfolgte 10x mit BG-Anlage (91%) ,1x Beckenzwinge (9%).
Die Daten zeigen bisher eine geringe Aussagekraft der mechanischen Stabilitätstestung. Bei einem Drittel der Patienten muss trotz negativem Test eine instabile Fraktur befürchtet werden, zwei Drittel der falsch-negativen Patienten würden ohne weitere Diagnostik (z.B. Röntgen) unterversorgt ins CT gehen.
Wegen des häufigen Einsatzes präklinisch angelegter Beckengurte wird die Stabilitätsprüfung offenbar seltener durchgeführt. Hinsichtlich der hohen Rate falsch-negativer Ergebnisse der klinischen Stabilitätsprüfung sollte unabhängig davon bei anamnestisch/klinischem V.a. eine Beckenringverletzung die Anlage eines Beckengurtes erfolgen.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI12-854
doi: 10.3205/14dkou017, urn:nbn:de:0183-14dkou0176
Veröffentlicht: 13. Oktober 2014
© 2014 Wohlrath et al.
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by G. H. | Apr 9, 2016 | Hüfte + Endoprothetik, News
Vergleich der Reliabilität Röntgen- und CT-Bild-basierter Beurteilungskriterien sakraler Formvarianten in Hinblick auf eine sichere transversale SI-Verschraubung im 1. Sakralsegment
Mendel T, Wienke A, Ullrich B, Noser H, Goehre F, Hofmann GO, Radetzki F
Fragestellung: Die Formenvariabilität des Sakrums ist hinlänglich bekannt. Sie gilt als eine der Hauptursachen für die Fehlplatzierung von SI-Schrauben im 1. Sakralsegment. Insbesondere horizontale Schraubenlagen, die bei zentralen und bilateralen Sakrumfrakturen angestrebt werden, können bei der sog. Sakrumdysplasie erschwert bzw. unmöglich sein. Die genaue Analyse präoperativer Röntgen- und CT-Aufnahmen ist daher essentiell. In dieser Studie wird die eigens entwickelte Methode des lateralen Sakraldreiecks nach Mendel mit konkurrierenden Methoden nach Routt, Kim und Carlson hinsichtlich Ihrer Reliabilität in der praktischen Anwendung verglichen.
Methodik: Die o.g. Methoden basieren auf folgenden Grundlagen: Nach Routt werden Outlet-, Röntgenseitbild (RSB) und ein axialer CT-Schnitt auf 6 inkonstante Dysplasiemerkmale geprüft. Nach Kim wird das Sakrum im RSB anhand der S1-Körpererhebung über die Linea terminalis in eine normale, Übergangs- und dysplastische Form gegliedert. Carlson beurteilt im axialen CT-Schnitt den Abstand zwischen S1-Foramen und ventralem Kortex (geräumig: >12mm, intermediär: 7,5-12mm, dysplastisch: <7,5mm). Mendel ermittelt den Quotienten aus Deckplattenlänge und Vorderwandhöhe S1 (ratioT) im RSB. Der Wert >1,5 erlaubt die Implantation von 1 oder mehr SI-Schrauben. 3 unerfahrene (TP1, 2, 3) und 2 versierte Testpersonen (TP4, 5) untersuchten aus 80 Becken-CTs generierte röntgenähnliche Projektionen und CT-Schnitte entsprechend o.g. Methoden daraufhin, ob eine transversale Schraubeninsertion möglich ist. Die Reihenfolge der anonymisierten Fälle war zufällig. Mittels Kreuztabellenanalyse wurden für jede Einteilung und TP Sensitivität und Spezifität berechnet. Prüfgrößenmittelwerte wurden einteilungsbezogen gegenübergestellt. Der Einfluss klinischer Erfahrung (TP 1, 2, 3 versus TP 4, 5) wurde mit dem unabhängigen t-Test geprüft.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die eigene Einteilung erreichte mit 86% die höchste mittlere Sensitivität bei allen TP. Für die anderen Methoden betrugen diese lediglich: Kim 67%, Carlson 74% und Routt 75%. Die Spezifität betrug bei Mendel Ø73%. Lediglich mit der Kim-Einteilung konnten mit 79% höhere Werte erreicht werden. Für beide statistische Gütekriterien erreichte die eigene Methode die konsistent niedrigste Streuung um ihren Mittelwert bei Standardabweichungen von 6,8% für Sensitivität und 10,8% die Spezifität. Der t-Test ergab keine signifikanten Unterschiede der Bewertungsergebnisse der 3 unerfahrenen verglichen mit denen der 2 versierten TP (Sensitivität p=0,09, Spezifität p=0,3).
Die Methode des lateralen Sakraldreiecks ermöglicht eine reproduzierbare Aussage über die Existenz des transversalen SI-Korridors im Segment S1. Sie behauptet sich gegenüber anderen Einteilungen als durchweg sichere und zugleich präzise Entscheidungshilfe für den Operateur, unabhängig von seiner Erfahrung. Es bedarf lediglich eines RSB. Im Gegensatz zu den Methoden von Carlson und Routt sind keine CT-Aufnahmen erforderlich.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI12-353
doi: 10.3205/14dkou016, urn:nbn:de:0183-14dkou0164
Veröffentlicht: 13. Oktober 2014
© 2014 Mendel et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.
by G. H. | Mrz 21, 2016 | Hüfte + Endoprothetik, News
Versorgungskonzepte bei Beckenringfrakturen vom Typ B im Alter – Eine multizentrische Studie der AG Becken III (DGU)
Höch A, Osin R, Stuby F, Böhme J, Josten C
Fragestellung: Die Versorgung von Beckenringfrakturen im Alter über 65 Jahren wirft aktuell bei steigender Relevanz viele Fragen auf. Derzeit existiert kein Goldstandard zur Behandlung von osteoporotischen Beckenringfrakturen vom Typ B nach Tile.
Diese Arbeit soll eine Übersicht über die in Deutschland angewandten Versorgungskonzepte, Behandlungsverläufe und Komplikationsraten geben.
Methodik: Es handelt sich um eine Auswertung prospektiv erfasster Daten aus dem Register der AG-Becken III der DGU. Zwischen Januar 2008 und August 2011 konnten 564 Patienten mit vollständigem Datensatz mit einer Typ B Verletzung im Alter über 65 Jahren in die Untersuchung eingeschlossen werden. Dokumentiert wurden diese von 28 deutschen Kliniken. Die memdoc® Datenbank enthält etwa 100 Items, die alle relevanten Patienten- und Versorgungsdaten sowie Daten zum stationären Verlauf beinhalten. Die Auswertung der Daten erfolgte mittels SPSS.
Ergebnisse: Das mittlere Alter der 564 Patienten lag bei 81±7,6 Jahren bei überwiegend weiblichen Patienten (3,9:1). 387 (69%) Patienten erlitten eine isolierte Beckenfraktur, 123 (22%) eine begleitende Verletzung und nur 54 (9%) waren polytraumatisiert. Eine komplexe Beckenringfraktur lag bei 18 (3,2%) vor.
413 (73%) Patienten wiesen eine laterale Kompressionsfraktur vom Typ B2, 99 (18%) eine B1 und 52 (9%)eine beidseitige hintere Beckenringfraktur vom Typ B3 auf. Über 90% der Patienten hatten eine transsakrale Fraktur.
Insgesamt wurden 111 (20%) der Patienten operativ therapiert. Zum Einsatz kamen hierfür überwiegend minimalinvasive Verfahren (ventral: 34 Fixateur externe, 22 Plattenosteosynthesen, 4 Kriechschrauben; dorsal: 73 transileosakrale Verschraubungen, 4 Lumbopelvine Abstützungen, 1 Platte, 6 additive Sakroplastien).
Die mittlere Krankenhausverweildauer der Patienten betrug 13,3±12,0 Tage, operativ versorgte Patienten lagen mit 21,0±13,4 Tagen signifikant länger im Krankenhaus als konservativ therapierte Patienten (11,4±10,8 Tage).
Die Komplikationsrate lag insgesamt bei 10,3% während des stationären Aufenthalts, die Mortalität betrug 3,7%. Im Vergleich zwischen operativ und konservativ therapierten Patienten bestand eine signifikant höhere Komplikationsrate (23%/7%), die Mortalität unterschied sich nicht signifikant (4,5%/3,5%).
Schlussfolgerung: Der überwiegende Teil der B-Frakturen im Alter über 65 Jahren wird konservativ behandelt. Zur operativen Versorgung werden minimalinvasive Verfahren angewandt. Trotz minimalinvasiver Verfahren trat eine signifikant höhere Komplikationsrate der operativ versorgten Patienten auf, sodass bei jedem Patienten individuell in Abhängigkeit aller Begleitumstände eine Therapieentscheidung getroffen werden sollte.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocTI13-496
doi: 10.3205/14dkou004, urn:nbn:de:0183-14dkou0040
Published: October 13, 2014
© 2014 Höch et al.
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