Der Einfluss der Kapselresektion auf das Luxationsrisiko nach primärer Hüftendoprothetik – Eine multivariate Analyse von 2718 Fällen

Mrz 8, 2017

Der Einfluss der Kapselresektion auf das Luxationsrisiko nach primärer Hüftendoprothetik – Eine multivariate Analyse von 2718 Fällen

Prietzel T, Schleifenbaum S, Hammer N, Lehmann T, Trauer S, Möbius R

 

Fragestellung: Die Luxation ist die zweithäufigste Komplikation nach primärer Hüftendoprothetik. Die wichtigsten Faktoren mit Einfluss auf die Luxationsrate sind Pfannenausrichtung, operativer Zugang, Kopfdurchmesser, Ball-Cup-Ratio, Erfahrung des Operateurs und Body Mass Index (BMI). Zur Rolle des Faktors Kapselresektion gibt es keine Literaturangaben. In unserer Klinik wird in der primären Hüftendoprothetik seit 12 Jahren die Kapselrekonstruktion bei einem Großteil der Fälle über den lateralen Zugang praktiziert, während in den übrigen Fällen das traditionelle Vorgehen mit Kapselresektion über den anterolateralen Zugang zur Anwendung kommt. Das Studienziel bestand darin, den Einfluss der Kapselresektion auf das Luxationsrisiko nach primärer Hüftendoprothetik in Relation zu anderen Risikofaktoren statistisch zu analysieren.

Methodik: Eingeschlossen wurden 2718 primäre HTEP-Implantationen, die innerhalb von 10 Jahren über den anterolateralen und lateralen Zugang durchgeführt wurden. Ein Ausschluss erfolgte bei Kappen-, Duokopf- und Tumorendoprothesen. Luxationen wurden mittels Fragebögen, Telefonbefragung und durch Auswertung aller klinikinternen Daten erfasst. Kapselbehandlung, operationsspezifische (Kopfdurchmesser, Kopf- und Inlaydesign, Ball-Cup-Ratio sowie Erfahrung des Operateurs) sowie patientenspezifische Faktoren (Indikation, Alter, Geschlecht, BMI, ASA-Klassifikation) wurden statistisch durch eine multivariate Analyse untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die HTEP-Implantation erfolgte in 1511 Fällen mit Resektion und in 1207 Fällen mit Rekonstruktion der Gelenkkapsel. Das mittlere Patientenalter betrug zur Operation 67 Jahre, das Follow up 51,5 Monate, der BMI 28,0, die ASA-Klassifikation 2,7. Die Indikation zur HTEP wurde in 77% der Fälle wegen primärer Koxarthrose gestellt. 39 Operateure mit einer mittleren Berufserfahrung von 6,5 Jahren waren beteiligt. Die Analyse der Implantatdaten ergab folgende Mittelwerte: Kopfdurchmesser 32,8 mm, Pfannendurchmesser 54,3 mm und Ball-Cup-Ratio 0,6. Die Gesamtluxationsrate betrug 1,25% (n=34), die bei Kapselresektion 1,92% (n=29) und die bei Kapselrekonstruktion 0,41% (n=5). Die Kapselresektion hatte mit einer Odds-Ratio von 5,05 den größten Einfluss auf das Luxationsrisiko (p=0,001). Patienten im Alter von >67 Jahre wiesen ein gering erhöhtes Luxationsrisiko auf (p=0,01, Odds-Ratio 1,05).

Die Kapselresektion stellte in dieser Studie den wichtigsten Risikofaktor für das Auftreten von Luxationen nach primärer Hüftendoprothetik dar. Im Einklang damit gibt es zunehmend Literaturberichte über signifikant reduzierte Luxationsraten durch die Rekonstruktion der Gelenkkapsel bei primärer HTEP-Implantation über dorsale Zugangsvarianten. Diese und die dargestellten Ergebnisse sprechen dafür, dass die Rekonstruktion der Hüftgelenkkapsel unabhängig vom operativen Zugang immer eine wesentlich verminderte Luxationsgefahr bewirkt. Medizinische Nachteile fanden sich nicht, weshalb die Kapselrekonstruktion in der primären Hüftendoprothetik zu empfehlen ist.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI32-1233

doi: 10.3205/14dkou196, urn:nbn:de:0183-14dkou1968

Published: October 13, 2014
© 2014 Prietzel et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.