Einfluss von unterschiedlichen patellofemoralen Gleitlagervarianten auf Basis der Genesis-II-Knietotalendoprothese auf die Patellastabilität
Leichtle U, Müller AD, Bobrowitsch E, Wülker N, Lorenz A
Fragestellung: Im klinischen Alltag beobachten wir häufig persistierende retropatellare Beschwerden nach Knietotalendoprothesen (KTP) mit und ohne Retropatellarersatz (RPE) sowie ein patellofemorales Malalignement. Die Prothesenmodelle verschiedener Hersteller unterscheiden sich deutlich bezüglich des femoralen Patellagleitlagers und das optimale Design scheint noch nicht gefunden. Ziel dieser in-vitro Studie war es nun, an humanen Kniepräparaten unter Simulation verschiedener Muskellasten robotergestützt die Patellastabiltät und Kinematik von Implantatprototypen mit unterschiedlichen Gleitlagerdesigns unter Berücksichtigung der Form der nativen Patella zu untersuchen.
Methodik: 10 humane Kniegelenke wurden präpariert und in einen dynamischen Kniesimulator eingespannt. Mit Hilfe eines Industrieroboters (KUKA) wurden auf die Patella Kräfte in lateraler und medialer Richtung aufgebracht. Dabei wurden nacheinander der Flexionswinkel, die Muskelkraftverteilung des Quadrizeps und die Patellaauslenkkraft variiert. Die Kinematik sowie insbesondere die mediolaterale Auslenkung der Patella wurden unter Verwendung eines ZEBRIS-Ultraschallsystems bestimmt. Die Messungen erfolgten am nativen Kniegelenk und nach Implantation von 5 Implantatprototypen mit unterschiedlichen patellofemoralen Gleitlagerkonfigurationen (original, vollständig flach, lateral erhöht, medial erhöht, beidseits erhöht) basierend auf dem Grunddesign der Genesis-II-KTP sowohl ohne als auch mit RPE. Die Analyse der Form der Patella erfolgte anhand von Röntgen- und CT-Aufnahmen.
Ergebnisse: Das vollständig flache Design wies eine signifikant höhere laterale Auslenkung der Patella gegenüber den übrigen Designvarianten auf, wobei die Auslenkung nach medial mit der Standardendoprothese sowie der medial erhöhten Variante vergleichbar war. Die geringste Gesamtauslenkung war beim beidseits erhöhten Design (tief gemuldet) nachweisbar. Die Designvarianten mit medial und lateral erhöhter Facette ergaben insgesamt mit dem Originalimplantat vergleichbare Ergebnisse. Bei den verschiedenen Präparaten fielen deutliche interindividuelle Unterschiede auf, welche sich teilweise durch die Konfiguration des nativen Gleitlagers bzw. der Patellaform erklären lassen.
Schlussfolgerung: Ein vollständig flaches Design des Patellagleitlagers führt zu einer signifikant vermehrten lateralen Auslenkung der Patella. Bereits eine leichte Erhöhung des lateralen Randes – wie beim Originaldesign der Genesis-II-KTP – reichte zu einer deutlichen Verbesserung der Stabilität aus. Eine zusätzliche isolierte Erhöhung des medialen oder lateralen Randes führte zu keiner wesentlichen weiteren Verbesserung. Die Führung der Patella durch das Gleitlager ist somit sehr wichtig, eine tiefe Muldung erscheint jedoch nicht notwendig. Abhängig von der jeweiligen Form des nativen patellofemoralen Gleitlagers bzw. der Patella bestehen deutliche interindividuelle Unterschiede bezüglich der Vorteile der einzelnen Gleitlagervarianten: Entwicklung einer Individualendoprothese?
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR20-1113
doi: 10.3205/14dkou545, urn:nbn:de:0183-14dkou5451
Published: October 13, 2014
© 2014 Leichtle et al.
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