Ligament bracing als Primärversorgung der akuten Kniegelenksluxation: klinische Ergebnisse einer Multicenterstudie

Jul 30, 2016

Ligament bracing als Primärversorgung der akuten Kniegelenksluxation: klinische Ergebnisse einer Multicenterstudie

Heitmann M, Bartels B, Gerau M, Balcarek P, Schoepp C, Lill H, Frosch KH

 

Hintergrund: Im Rahmen der akuten Kniegelenksluxation führt sowohl die Bandrekonstruktion als auch die alleinige Kreuzbandnaht in ca 80% der Fälle zu guten klinischen Ergebnissen. Ein Standardverfahren zur Therapie multiligamentärer Verletzungen ist derzeit nicht etabliert.

Hypothese: Das Konzept „ligament bracing“ mit transossären Ausziehnähten der Kreuzbandstümpfe und unterstützender Fadenaugmentation erzielt, im Vergleich zur Fachliteratur, klinisch und radiologisch bessere Ergebnisse. Als „one-step procedure“ kann die Rehabilitation verkürzt und die Rate an chronischen Instabilitäten verringert werden.

Studiendesign: Prospektive Multicenterstudie.

Methodik: Eingeschlossen werden Patienten mit Kniegelenksluxation Typ III und Typ IV nach Schenck. Die Versorgung erfolgt innerhalb der ersten 7 Tage nach Trauma. Über eine Arthrotomie werden die Kreuzbandstümpfe armiert und transossäre Ausziehnähte in anatomischer Position angelegt. Zusätzlich wird jeweils eine Fadenaugmentation mit einem FibreWire #2 (Arthrex) über einen Button eingezogen. Weiterhin werden die Seitenbandkomplexe stabilisiert.

Teilbelastung mit 20 kg für 6 Wochen. Stabilisierende Orthese für 12 Wochen. Forcierte Nachbehandlung um Bewegungseinschränkungen zu vermeiden.

Vorläufige Ergebnisse: Bisher wurden 40 Patienten nach dem Prinzip des „ligament bracing“ operiert. 26 Patienten im Alter von 18-60 Jahren (Median 33 Jahre) wurden bisher (noch laufende Untersuchung) nachuntersucht. Die Untersuchung erfolgte nach 10-15 Monaten (Median 12 Monate). 23 Patienten zeigten subjektiv und objektiv stabile Bandverhältnisse mit sehr guten Ergebnissen. 3 Patienten boten eine Rezidivinsuffizienz des VKB; in einem der Fälle zeigte sich zusätzlich eine Insuffizienz des medialen Kollateralbandes, das HKB war dabei jeweils stabil. Komplikationen traten bei der vorgestellten Operationstechnik nicht auf. Der mittlere IKDC-Score lag zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung bei 75,69 (52,9-94,3) Punkten. Der Lysholm-Score bei 85,29 (62-99) Punkten, der Tegner-Score lag vor dem Unfall im Mittel bei 6 (4-9) Punkten und im Rahmen der Nachuntersuchung bei 4,88 (2-9) Punkten. Zum Zeitpunkt der Untersuchung wurde die Schmerzintensität auf der visuellen Analogskala (VAS) mit 1,5 (0-4) angegeben. Im Seitenvergleich zeigte sich in den gehaltenen Röntgenaufnahmen eine vermehrte mittlere anteriore Translation von 5,2 (0,5-8,0) mm und eine vermehrte dorsale tibiale Translation von 2,2 (1,2-3,8) mm.

Fazit: Das Behandlungskonzept des „ligament bracing“ zeigt zur bisherigen Literatur eine deutlich reduzierte Rate an chronischen Instabilitäten, kurze Rehabilitationszeiten und gute klinische Behandlungsergebnisse. Insbesondere akute dorsale Instabilitäten können sehr erfolgreich therapiert werden. Die persistierenden vorderen Instabilitäten in 3 Fällen bedürfen weiterer Analysen. Ein Versagen aufgrund stark aufgefaserter Bandstümpfe, die für die primäre Naht ungeeignet sind, wird als Versagensursache diskutiert.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI19-1312

doi: 10.3205/14dkou079, urn:nbn:de:0183-14dkou0791

Published: October 13, 2014
© 2014 Heitmann et al.
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