Lungenprotektiver Effekt einer Isofluran-Anästhesie im porcinen Polytraumamodell
Witte I, Weuster M, Mohr J, van Griensven M, Ruchholtz S, Mommsen P, Hildebrand F, Flohé S
Fragestellung: Gravierende Traumata sind häufig mit einer Lungenfunktionsstörung assoziiert. Im vorgestellten Experiment wurde die Auswirkung einer volatilen Isofluran-Narkose in einem Polytrauma-Modell mit Lungenkontusion und konsekutivem ALI/ARDS hinsichtlich eines möglichen Lungenprotektiven Effekts untersucht.
Methodik: Es handelt sich um eine experimentelle prospektive Studie an Landschweinen (26-36kg). Es wurden vier Gruppen untersucht (n=5/Gruppe). Die Kontrollgruppe (Gruppe 1) wurde mit Anlage aller Katheter zur invasiven Überwachung (zentralvenösem Katheter, arteriellem Katheter, pulmonalarteriellem Katheter) versorgt. Die Narkose erfolgte mit Midazolam und Sufentanyl. Die 2. Gruppe unterschied sich zur ersten nur durch einen Wechsel der Narkose auf 1,5 vol. % 2,5 h nach Beginn bis zum Ende des Experimentes. Das Isofluran wurde über inhalativ über ein Narkosegerät appliziert. In der 3. Gruppe (Trauma) wurde ein Mehrfachtrauma mit einer Lungenkontusion durch ein Bolzenschussgerät, einer Leberlazeration durch eine kontrollierte penetrierende Leberverletzung und mittels eines hämorrhagischen Schocks (30mmHg für 90min max. 45% Blutverlust) induziert. Die 4. Gruppe (Trauma/Isofluran) erhielt eine Stunde nach dem Trauma entsprechend Gruppe 3 eine Narkose mit Isofluran inhalativ. Erfasst wurden Lungenfunktions- und Kreislaufparameter über einen Beobachtungszeitraum von 15,5 h. Die statistische Auswertung erfolgte mit Graphpad 6 und SPSS 20. Das Signifikanzniveau p<0,05 wurde mit einfaktorieller Anova ermittelt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Das beschriebene Trauma führte zu einer signifikanten Verschlechterung des Gasaustausches direkt nach dem Trauma und der sich im Verlauf in Gruppe 3 bis zum akuten Lungenschaden ausbildet. Im Bezug auf den Vergleich zwischen der Trauma/Gruppe und der Trauma/Isofluran-Gruppe (Gruppe 3 und 4) zeigte sich ein deutlicher Vorteil zugunsten der Isoflurangrupppe bezüglich der Lungenfunktion. Die Compliance war statistisch signifikant besser in der Trauma/Isoflurane-Gruppe zu Zeitpunkt 11,5 h, 13,5 h und 15,5 h. Mit Isofluran konnte ferner ein besserer Gasaustausch mittels Horowitzquotient bei den Zeitpunkten 11,5 h, 13,5 h und 15,5 h nach Trauma jeweils bei p<0,05 gezeigt werden. Der Gasaustausch in der Trauma/Isoflurane-Gruppe entsprach denen der nicht traumatisierten Kontrollgruppen (1+2), während in der Trauma Gruppe 3 sich die Werte eines akuten Lungenschadens/Lungenversagens zeigten. Allerdings stieg der Katecholaminbedarf zur Aufrechterhaltung eines mittleren arteriellen Druckes von 60mmHg ab dem Zeitpunkt des Isofluraneinsatzes signifikant (p<0,05) an.
Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse und Marktsituation (Anaconda) besteht Diskussionsbedaf, ob der Einsatz einer wenig invasiven Isoflurannarkose beim ALI/ARDS oder prophylaktisch beim schweren Thoraxtrauma durchgeführt werden sollte, bevor invasive Maßnahmen wie eine extrakorporale Membranoxygenierung erwogen werden.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR22-705
doi: 10.3205/14dkou569, urn:nbn:de:0183-14dkou5696
Published: October 13, 2014
© 2014 Witte et al.
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