Messtechnische Evaluation und Morphologie der anterioren Glenoidrandfraktur und ihr klinischer Einfluss

Sep 12, 2016

Messtechnische Evaluation und Morphologie der anterioren Glenoidrandfraktur (Bankart-Fraktur) und ihr klinischer Einfluss. Eine retrospektive Analyse von 84 Frakturen

Königshausen M, Schwiertz D, Coulibaly M, Nicolas V, Schildhauer TA, Seybold D

 

Fragestellung: Anteriore Glenoidrandfrakturen sind mormalerweise mit Schulterluxationen assoziiert. Größenbestimmungen und Morphologiebeschreibungen der betroffenen Gelenkfläche sind beim chronischen Glenoiddefekt üblich, bei der frischen Fraktur finden sich jedoch innerhalb der Literatur keine exakten Quantifizierungen der Gelenkflächenbeteiligung und der Frakturmorphologie anhand eines größeren Kollektivs. Das Ziel der Arbeit war es die verschiedenen Morphologien der anterioren Glenoidrandfraktur erstmals an einem großen Kollektiv zu erfassen und, soweit möglich, deren klinischen Einfluss darzustellen.

Methodik: Die vorliegenden radiologischen Datensätze von 84 Patienten mit einer frischen anterioren Glenoidrandfraktur (operativ oder konservative Therapie im Verlauf) wurden hinsichtlich verschiedener Morphologie-Kriterien (u.a. Ausmaß der Fragmente [mm], Anzahl, Gelenkstufen, Verkippung, Winkel des Frakturverlaufs, Gelenkflächenbeteiligung [Kreismethode in %], Morphologie der Abbruchkante, korrespondierender Hill-Sachs-Defekt [HSD], Zentrierung des Humeruskopfes) analysiert. Zur Bestimmung der Genauigkeit der Kreismethode wurden anhand Dünnschicht 3D- und 2D-CT-Bildern von Humanpräparaten digital künstliche Defekte gesetzt um Intra-Observer und Inter-Observer Zuverlässigkeiten in den Fällen zu ermitteln, in denen eine Referenz des Glenoids der Gegenseite bei archivierten Bildern nicht zu Verfügung stand.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei Frakturen mit vorhandenem CT fand sich eine Gelenkflächenbeteiligung von ø 20% (4-52%; ø Fragment-Länge: 23 mm, -Breite: 8 mm). In 73% lagen 1 Hauptfragment, in 18% 2 Hauptfragmente und in 9% größer 3 Fragmente vor. In 73% war das Fragment nach medial verschoben (27% verkippt). Bei 82% der Patienten fand sich ein HSD. In der Mehrzahl der Fälle lag eine gerade Frakturlinie vor (70%). Der Winkel der geraden Frakturlinien lag bei ø 7° nach anterior im Verhältnis zur Lotgraden der Glenoidhöhe. Es zeigte sich, dass bei nicht-operativ behandelten Patienten mit einer Reluxation im Verlauf vorwiegend gerade Frakturlinien vorlagen. Unmittelbar nach dem Trauma oder in unmittelbaren Verlaufskontrollen fanden sich bei ca. 28% Zeichen der Dezentrierung (>4 mm) oder Subluxation des Humeruskopfes verschiedener Ausprägung. Dies korrelierte jedoch nicht mit der Größe der Fraktur.

Mittels eines großen Patientenkollektivs konnte eine Evaluation der Frakturmorphologie der anterioren Glenoidrandfraktur (akute Defektsituation vom Fragmenttyp) vorgenommen werden. Die Daten zeigen, dass im Falle konservativer Therapie Reluxationen zwar selten, aber wenn dann vorwiegend bei Patienten mit initial geraden Abbruchkanten (Frakturlinien) auftraten. Bei ungeraden (runden) Abbruchkanten zeigten sich weniger häufig korrespondierende HSD was zeigt, dass (im Gegensatz zu der Annahme ausschließlich Luxations-bedingter Frakturen) die Impaktion des Humeruskopfes ohne anteriores Einhaken des Humeruskopfes ein wesentlicher Traumamechanismus für anteriore Glenoidrandfrakturen darstellt.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI21-1483

doi: 10.3205/14dkou100, urn:nbn:de:0183-14dkou1005

Published: October 13, 2014
© 2014 Königshausen et al.
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