MRSA oder MRSE: Was ist der wahre Problemkeim periprothetischer Infektionen?

Jän 4, 2017

MRSA oder MRSE: Was ist der wahre Problemkeim periprothetischer Infektionen?

Wimmer MD, Randau T, Friedrich M, Koob S, Vavken P, Pagenstert G, Wirtz DC, Gravius S

Fragestellung: Staphylokokkus aureus und koagulase-negative Staphylokokken gelten als Hautverursacher periprothetischer Infektionen (PJI). Innerhalb dieser Erregergruppe gilt der „Methicillin-resistente Staphylokokkus aureus“ (MRSA) als „schwer behandelbarer Erreger“ und hat in den populärwissenschaftlichen Medien als „Der Krankenhauskeim“ wesentliche Bedeutung erlangt. In der klinischen Praxis erlangen multiresistente koagulase-negative Staphylokokken – hier insbesondere der multiresistente Staphylokokkus epidermidis (MRSE)-zunehmend an Bedeutung und scheinen mit einer reduzierten Infektsanierungsrate vergesellschaftet zu sein.

Dieser Rationale folgend, untersuchten wir die Hypothesen, dass

  1. das chronische MRSE PJI im Vergleich zu MRSA Infektionen eine reduzierte Infektsanierungsrate zeigen und dass
  2. MRSE und MRSA Protheseninfektionen schlechtere Infektsanierungsraten ausweisen als die vergleichbaren „multisensiblen“ Staphylokokkus aureus (MSSA) und epidermidis (MSSE) Stämme.

Methodik: Klinische Routinedaten von 74 konsekutiven Patienten (m=36, 48,7%, w=38, 51,3%) mit gesi-chertem chronischem Protheseninfekt des Hüft- (n=44, 59,5%) oder Kniegelenkes (n=30, 40,5%) und Nachweis eines MSSA (n=14, 18,9%), MSSE (n=21,27,4%), MRSA (n=15,20,3%) oder MRSE (n=24, 32,4%) wurden retrospektiv und anonymisiert analysiert und nach einem standardisierten zweizeitigen Therapieregime behandelt. Der Erregernachweis erfolgte an-hand periprothetischer Gewebeproben nach Langzeitbebrütung mit Differenzierung in die o. g. Erregergruppen.

Als Hauptvariable wurde die Rate der „sicher infektfreien“ Patienten nach 2 Jahren definiert. Zusätzlich wurden mehrere Co-Variablen (ASA Score, BMI, Alter, Geschlecht u.a.) als poten-tielle Risikofaktoren für das Auftreten von MRSA oder MRSE Protheseninfekten berücksich-tigt und analysiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im gesamten Kollektiv konnte insgesamt bei n=56 (75,7%) Patienten eine definitiv infektfreie Situation erreicht werden. Die Untergruppenanalysen unterscheiden sich wesentlich (Rate defintiv infektfrei: MSSA n=13 (92,6%), MSSE n=20 (95,2%), MRSA n=10 (66%), MRSE n=13 (54,2%). Die statistische Analyse bestätigte einen signifikanten Einfluss der Erregergruppen MRSA und MRSE auf die Rate der definitiv infektfreien Patienten mit einer Odds Ratio von 0,6 (95% CI 0,1-1,3) bei einem p-Wert von 0.046. In einem multivariaten logistischen Regressionsmodell konnten mehrere Co-Variablen als mögliche Risikofaktoren für das Auftreten einer MRSA oder MRSE PJI identifiziert werden.

Unsere Daten belegen die Primärhypothese, dass chronische MRSE im Vergleich zu MRSA Protheseninfektionen eine reduzierte Infektsanierungsrate aufweisen. Des Weiteren sind PJI mit MRSE und MRSA gegenüber „sensiblen“ Staphylokokkus aureus und epidermidis PJI mit einer schlechteren Rate an defintiv infektfreien Patienten vergesellschaftet. Zudem legen unsere Daten nahe, dass die analysierten Co-Variablen zumindest partiell als Risikofaktoren für PJI mit MRSA und MRSE in Betracht gezogen werden müssen.

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI30-1524

doi: 10.3205/14dkou177, urn:nbn:de:0183-14dkou1771

Published: October 13, 2014
© 2014 Wimmer et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.