Die Versorgung von Schulterproblemen – von Instabilität über Impingement bis zur Endoprothetik – war der medizinische Themenschwerpunkt der BVdO-Jahrestagung 2019, unter wissenschaftlicher Leitung von Univ.-Prof. Dr. Ronald Dorotka. Aber auch gesundheitspolitische Fragen wurden aufgegriffen.
Als Referenten des Vortragsblocks „Niedergelassene Orthopädenpolitik“ waren Mag. Kurt Zisch von der SVB, Dr. Christoph Reisner, Präsident der ÄK für Niederösterreich, und Christoph Ruprecht, MBA, von der Ärztekammer Wien geladen. Themen waren der Zwischenstand der Kassenzusammenlegung, Erfahrungen als Wahlarzt versus Kassenarzt und die neue Einkaufsgesellschaft der Ärztekammer für Ordinationen (EQUIP4ORDI, www.equip4ordi.at). Die Zukunft der niedergelassenen Orthopäden sieht Dr. Reisner in Kooperationsformen wie Gruppenpraxen, Anstellungen in Ordinationen und erweiterten Stellvertretungen: „Das Bild des Faches Orthopädie im niedergelassenen Bereich wird sich in Zukunft ändern, weg vom Einzelkämpfer hin zur Arbeit in einem Behandlungsteam, das auch ambulante Operationen anbietet.“
In der Keynote Lecture präsentierte Prof. Dr. Christian Wurnig, Orthopädisches Spital Speising, Wien, die Möglichkeiten der arthroskopischen Schulterchirurgie sowie den aktuellen Stand in der Schulterendoprothetik. Erfolg versprechende Trends für die Zukunft sieht er in der digitalen Schulterendoprothesenplanung und in neuen Materialien für resorbierbare, osteoinduktive Knochenanker.
FH-Prof. Barbara Wondrasch, PT, PhD, erläuterte die physiotherapeutischen Strategien bei Bewegungseinschränkungen der Schulter, Dyskinesie der Skapula und verminderter neuromuskulärer Ansteuerung der glenohumeralen Muskulatur. Zum Schulterimpingement präsentierte sie die Ergebnisse einer aktuellen Metaanalyse, wonach eine physiotherapeutische Intervention hinsichtlich Schmerzreduktion und Gelenkfunktion fast gleich gut abschneidet wie eine operative subakromiale Dekompression (Nazari G et al.: PLoS One 2019). Dr. Wolfgang Huber vom Herz-Jesu Krankenhaus Wien legte jedoch Studienergebnisse vor, die der operativen Versorgung des Impingements Vorteile hinsichtlich Lebensqualität und Vermeidung von RM-Läsionen bestätigen (z. B. Björnsson H et al.: J Shoulder Elbow Surg 2010). Wichtig sei, dass Selektions- und Indikationskriterien genau eingehalten werden, so Huber.
Dr. Ulrich Koller von der Wiener Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie sieht in der präoperativen CT-Planung eine essenzielle Hilfestellung für die korrekte Prothesenpositionierung. Um die chirurgische Umsetzung der Planung zu erleichtern, stehen infrarot- oder elektromagnetisch unterstützte Technologien, die „Real time“-Feedback liefern, oder patientenspezifische Schnittblöcke zur Verfügung. „Bei allen technischen Innovationen ist in die präoperative Planung jedoch nicht das Spannungsverhältnis durch die Weichteile miteinbezogen“, so Koller. „Durch die bildgebende Technik konnte zwar eine verbesserte Positionierung der Komponenten erreicht werden; wie die ideale Position aber wirklich auszusehen hat, ist vorerst noch nicht eindeutig bestimmt.“
Rotatorenmanschettenrupturen können heute sehr gut mit arthroskopischen Techniken versorgt werden, wie Dr. Ulrich Lanz, Sportorthopädie Zentrum Wien, ausführte. Eine genaue Kenntnis der Biologie und Anatomie der Sehnen ist für die erfolgreiche Rekonstruktion nötig. Bei Rerupturen bewährt sich die mechanische Augmentation mit Patches. Die biologische Augmentation mittels Nanofrakturierung, konzentriertem Blutplasma oder autologen Stammzellen zeigt in ersten Studien vielversprechende Ergebnisse.
Dr. Michael Hexel, AUVA-Traumazentrum Wien, gab schließlich ein Update zur Versorgung von Schulterinstabilitäten. Die chirurgische Intervention steht vor allem bei jungen Sportlern im Vordergrund, weil es bei ihnen nach rein konservativen Behandlungen sehr oft zu Reluxationen kommt. Dafür stehen verschiedene offene und arthroskopische Techniken zur Verfügung, die je nach Vorhandensein von knöchernen Defekten oder SLAP-Läsionen angewandt werden.