Die Veränderung der Oberschenkelmuskulatur-Aktivität bei unterschiedlichem Bindungsaufbau im alpinen Skisport
Die Veränderung der Oberschenkelmuskulatur-Aktivität bei unterschiedlichem Bindungsaufbau im alpinen Skisport
Fehske K, Roßberg M, Hoos O
Fragestellung: Das Kniegelenk steht nach wie vor im Fokus bei Verletzungen im Skisport. Die Prävention von ligamentären Läsionen hat an Bedeutung gewonnen. Ein Ansatz ist es, die muskuläre Stabilisierung des Knigelenkes zu optimieren. Betrachtet man die Oberschenkelmuskulatur so ist es erwiesen, dass die Quadrizepsmuskulatur (QM) als Antagonist und die Ischiocruralmuskulatur (Hamstrings, HS) über eine Stabilisierung des Tibiaplateaus als Agonist des vorderen Kreuzbandes (VKB) anzusehen ist. Eine höhere Aktivierung der IM im Verhältnis der QM führt dementsprechend zu einer Verringerung des VKB-Ruptur Risikos.
Variationen im Bindungsaufbau führen zu einer Veränderung der Muskelaktivierung. In unserer Arbeit sollte gezeigt werden, ob und wie diese Veränderungen quantifizierbar sind.
Methodik: Gemessen wurden 51 Probanden, davon 20 männlich und 31 weiblich. Die Messungen erfolgten randomisiert, d.h. in zufälliger Reihenfolge. Mittels 8-Kanal-Oberflächen-EMG wurde zunächst die Maximalkraft der vorderen (M. vastus medialis und M. rectus femoris) bzw. der hinteren (M. biceps femoris und Mm. semitendinosus/ semimembranosus) Oberschenkelmuskulatur bestimmt. Für die Messung des Bindungssystems wurden die Oberflächen-Signale für drei verschiedene Aufbauten (Vorfußerhöhung, Rückfußerhöhung und Neutral) in jeweils drei verschiedenen Positionen (Vorlage, Neutralposition, Rücklage) abgeleitet. Aus den erhaltenen Werten aus je zwei Messungen wurde jeweils ein Mittelwert für die Quadricepsmuskulatur sowie für die Hamstrings berechnet, welche mit den Maximalkräften in Verhältnis gesetzt wurden. Aus der so erhaltenen relativen Anspannung des Muskels konnte die jeweilige Hamstrings/Quadriceps-Ratio (H/Q) berechnet werden. Zusätzlich wurde jeweils ein Fragebogen zu Alter, Größe, Gewicht, Skikönnen, bisherige Verletzungen und Sportzeit pro Woche beantwortet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bezüglich des Bindungssystems konnte kein signifikanter Unterschied zwischen Vorfuß-, Rückfußerhöhung und Neutral gefunden werden, wobei die Vorfußerhöhung im Mittel die höchsten H/Q-Ratios erzielte (V: 1,20, N: 1,18, R:1,09; p=0,228). Die gemessenen männlichen Probanden zeigten hier bei allen drei Bindungsaufbauten signifikant (p=0,09) höhere H/Q-Werte als die gemessenen Frauen.
Bei der Betrachtung von Untergruppen zeigten Skifahr-Könner (sichere Bewältigung von schwarzen Pisten) bei der Vorfußerhöhung signifikant (p=0,034) höhere H/Q-Werte als die Gruppe der Anfänger/Fortgeschrittenen. Bei der neutralen Bindung, sowie der Rückfußerhöhung ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.
Aus den gemessenen Ergebnissen für die Bindungstypen lässt sich ableiten, dass eine Vor- oder Rückfußerhöhung keinen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des H/Q Ratios leisten kann. Der wichtigste Faktor scheint eine stabile Vorlage-Position auf dem Ski beziehungsweise die Vermeidung von Rücklage zu sein. Die Vorlage beziehungsweise das aktive Verlagern des Körperschwerpunktes im Kurvenwechsel ist ein Merkmal hochwertigen Kurvenfahrens.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR19-1569
doi: 10.3205/14dkou534, urn:nbn:de:0183-14dkou5343
Published: October 13, 2014
© 2014 Fehske et al.
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