Wieviel Heilung braucht die Fraktur? Ermittlung der minimalen biomechanisch erforderlichen Fusionsfläche bei Tibiafrakturen in einem individualisierten Finite Elemente Modell
Tjardes T, Roland M, Otchwemah R, Bouillon B, Diebels S
Fragestellung: Die Diagnose ‚konsolidierten Fraktur‘ unterliegt immer noch keinem Konsens und beruht zu relevanten Anteilen auch auf Erfahrungswerten. Da jede Fraktur und jeder Patient eine einzigartige biomechanische Konstellation darstellen muß die Frage gestellt werden, ob jede Fraktur vollständig durchhaut sein muß, um voll belastbar zu sein, oder ob es ein Minimum an Fusionsfläche gefunden werden kann welches hinreichend ist um die auftretenden Belastungen abzutragen.
Methodik:
1. Frakturmodell:
An Sawbone Modellen der Tibia wurden zwei Frakturen von Typ AO 42-B1 und 42-A2 nachgebildet und mit einer winkelstabilen Plattenosteosynthese (Synthes) in typischer Weise versorgt.
2. Generierung des Datensatzes zur Modellentwicklung:
CT der Sawbones (Siemens, Somatom Definition Flash, DICOM Format)
3. Bildsementierungsprozeß (edge preserving regularization processes)
4. Entwicklung des Finite Elemente Modells:
Unter Nutzung des sog. ‚Hanging Node‘ Prinzips wird eine Reduktion des Datenvolumens erreicht
5. Festlegen der mechanischen Rahmenparameter: Stopkriterium des Optimierungsalgorythmus ist das Erreichen von 20% des maximalen von Mises Stresses (max.79,42) in Knochen/Implantat bei Belastungssimulation ohne Frakturheilung (Belastung entsprechend einem 80kg schweren Menschen)
6. Optimierungsalgorhytmus
Ein 16-schrittiger Optimierungsalorhytmus ermittelt die kleinste Fusionsfläche und deren Lokalisation die erforderlich ist um den Belastungsvorgaben (Stopkriterium) zu genügen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Um eine physiologische Belastbarkeit der Fraktur zu erreichen ist eine deutlich geringere Fusionsfläche erforderlich als die komplette Frakturfläche. Im Abhängigkeit der Wahl der mechanischen Rahmenbedingungen ist eine Fusion auf <10% der Gesamtfrakturfläche hinreichend, um das vorgegeben Belastungsmaximum (20% des bei Belastung ohne Frakturheilung auftretenden von Mises Stresses in Knochen/Implantat)zu gewährleisten. Der entwickelte Workflow (s. Methodik 2.-5.) ist hinsichtlich der erforderlichen Rechenkapazität so strukturiert, daß er auf handelüblichen Desktop PC benutzt werden kann. Damit ergibt sich die Möglichkeit nach entsprechender Validierung die Frakturheilung individualisiert unter biomechanischen Gesichtspunkten zu beurteilen und ggf. eine gezielte Therapie (Spongiosaplastik) ausschließlich in den biomechnisch relevanten Bereichen der Fraktur durchzuführen.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI60-442
doi: 10.3205/14dkou438 , urn:nbn:de:0183-14dkou4385
Published: October 13, 2014
© 2014 Tjardes et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.